Logbuch

13.12.2019
16:41

Panama mit San Blas Inseln

Die Distanz von Santa Marta (im Norden Kolumbiens) nach Panama beträgt rund 350 Seemeilen. Frühling ist eine ideale Zeit, um diese Strecke in Angriff zu nehmen, da immer noch die von Ost nach West wehenden Passatwinde die Vorherrschaft in der Karibischen See innehaben. So bereitete ich mich also Ende März 2019 auf die drei Segeltage mit Kurs 250 Grad Richtung Panama vor. Es war dann auch bei sonnigen Tagen, sternenklaren Nächten mit viel Wind aus der richtigen Richtung ein cooler Ritt mit meiner «Anita» nach Panama, in die Ankerbucht von Porto Lindo.

Panama - ein wohlklingender Name und für die meisten Hochseesegler der eigentliche Start mit der Durchquerung des Panama Kanals zur Weltumsegelung mit den Galapagos Inseln, den pazifischen Südsee Inseln, Australien, Südamerika (Kap der guten Hoffnung) und zurück in den heimischen Atlantik. Nicht für mich und «Anita». Ich habe meiner Tochter und den Enkelkindern versprochen in absehbarer Zeit wieder ins Mittelmeer zurückzukommen, um der Familie und Freunden in relativer Nähe vermehrt Kurzaufenthalte auf «Anita» zu ermöglichen. Hinzu kommt aber auch ein persönliches Argument, wonach altersbedingt (71+) die Nähe zu Heimat und Familie, aber auch medizinischer Sicherheit zunehmend Priorität erlangt. Ich schätze mich ausserordentlich glücklich und bin dankbar, dass ich zurzeit mehr als gesund und fit bin und trotzdem sind die Anforderung an eine Weltumsegelung hoch (mehrheitlich einhand) und daher eher jüngeren Seglern mit Begleitung vorbehalten.

Ein halbes Jahr wollte ich in Panama bleiben und vorwiegend die bekannten San Blas Inseln besegeln, unterbrochen mit Landausflügen nach Panama City, Colon sowie der Besichtigung des Panamakanals. Panama City ist eine Weltgrossstadt mit einer beeindruckenden Skyline. Mit dem Citybus ‘Hop on hop off’ konnte ich die Stadt und ihre Umgebung auf bequeme Art und Weise erkunden. Ein Tagesausflug zur Miraflores Schleuse mit dem Visitor Center und dem dazugehörigen 3-D Cinemax Kino über den Bau und Betrieb des Panama Kanals wird mir unvergesslich in Erinnerung bleiben. Dass ich sogar selber noch den Kanal durchfahren würde, war mir zu diesem Zeitpunkt noch nicht bewusst.

Im Gegensatz zur modernen, sauberen und weltoffenen Stadt Panama City am Pacific gelegen, erschien mir die gegenüberliegende Seite am karibischen Meer vernachlässigt und schmutzig. Im Stadtkern der Grossstadt Colon zerfallen die Häuser und viele Strassen sind fast nicht befahrbar. Touristen werden vor hoher Kriminalität gewarnt. Was mich besonders negativ beeindruckt hat, war das fehlende Verständnis der Bevölkerung zu einer intakten Umwelt. Die Landstrassen sind eine einzige Mülldeponie. Jede Getränkedose, jede Styroverpackung einfach alles fliegt zum Bus-, Taxi oder Autofenster raus. Das fehlende Umweltverständnis dürfte ein Bildungsmangel sein, denn ein obligatorisches Schulsystem gibt es erst seit wenigen Jahren.

Die karibische Seite Panamas hat zwei seglerische Hotspots zu bieten. Es sind dies die San Blas Inseln im Osten und Bocas del Toro im Westen. Diese Regionen liegen weit ausserhalb der Hurrikan Zugbahnen und sind deshalb prädestiniert für Segler die ganzjährig auf ihrem Schiff leben. Allerdings ist dann Sommerzeit und damit auch Regenzeit. Die Luftfeuchtigkeit ist sehr hoch und liegt meist über 80%. Natürlich regnet es nicht dauernd, aber während der Monate Juli bis Oktober gibt es fast täglich Gewitter mit Blitzen und Wetterleuchten im Sekundentakt.

Die San Blas Inseln bestehen aus mehreren hundert Klein- und Kleinstinseln nahe am Festland. Sie sind teilweise bewohnt von den «Kunas», einem indigenen Volk, welches noch mehrheitlich nach alten Traditionen lebt und auch eine eigene Sprache pflegt. Als Gast und Besucher fühlt man sich in die Zeit Columbus versetzt. Die Kunas leben in einfachen Hütten aus Palmstämmen mit Blätterdach. Es gibt keine Elektrizität und das Wasser wird vom Regen gesammelt oder muss vom Festland bezogen werden. Die Männer sind tagsüber mit ihren Einbaum-Booten auf Fisch- und Krabbenfang unterwegs, während die Frauen ihre Kinder betreuen und spezielle Stickereien (Molas) für die Touristen herstellen. Die Inseln bestehen ausschliesslich aus Sand und Kokos-Palmen und sind mit einem Meter Höhe über Wasserlinie unweigerlich vom «Untergang» bedroht, sollte der Meeresspiegel durch die Klimaveränderung nur einen halben bis einen Meter steigen. Die Inseln sind von grossen Riffen umgeben und schützen damit die Inselwelt von den oft rauen Atlantikwellen. Diese geschützte Inselwelt bietet ideale Verhältnisse zum Segeln, Schnorcheln und sicheres, gemütliches Ankerliegen. Ich habe fast 5 Monate mit nur kleinen Unterbrüchen in diesem Paradies gelebt und nenne es «Kleinpolynesien». Allerdings, und ich komme aus einem speziellen Grund auf diese Erwähnung, ist das Navigieren in dieser Inselwelt recht anspruchsvoll und es braucht spezielle Handbücher und Karten um sich in den Untiefen und Riffen zurechtzufinden.

Als ich vor sieben Jahren losgesegelt bin, habe ich mich immer wieder gefragt, wann wird dich wohl einmal das Glück verlassen und ein verhängnisvolles Ereignis eintreten durch technisches Versagen, Grundberührung, Unbill des Wetters oder medizinischem Notfall. Dieses Ereignis ist hier in den San Blas Inseln eingetreten, allerdings nicht verhängnisvoll aber trotzdem ging mir das Erlebnis durch Mark und Bein. Durch Unachtsamkeit, ich habe zwei vorliegenden Navigationskarten nicht gegenseitig abgecheckt, bin ich allerdings mit null Fahrtgeschwindigkeit auf ein eineinhalb Meter tiefes Riff gedriftet. Der unterste Teil (20cm) meines Ruders hatte sich dabei in einem Korallenkopf eingeklemmt und war beim Ausbruchversuch geräuschvoll gebrochen. Ich war allein und konnte das Schiff nicht verlassen, wusste also zu diesem Zeitpunkt noch nicht welchen Schaden das Ruder genommen hatte. Etwas beruhigt hatte ich nach dem Losbrechen festgestellt, dass das Ruder nach wie vor auf meine Steuerimpulse reagiert und auch keine Klemm- oder Geräuschindikatoren feststellbar waren. Also bin ich in die nächste Ankerbucht gefahren und habe tauchend den Schaden inspiziert. Ich hatte wirklich ein grosses Glück, denn der Ruderbruch war nur wenige Zentimeter unterhalb der Metallverstärkung im Ruderblatt (Bild). Wäre der Angriffspunkt des Korallenkopfs höher gewesen, wäre nicht nur ein Stück Kunststoffteil abgebrochen, sondern das ganze Ruder inklusive Lagerungen hätte dabei grossen Schaden genommen. Glück im Unglück! Ich konnte bedenkenlos weitersegeln bis ich 14 Tage später meine «Anita» in der Panamarina auswassern liess und den Schaden in wenigen Tagen selber beheben konnte.

Mitte Juli hatte mich ein deutsches Ehepaar, welches mit ihrer Segelyacht den Kanal durchqueren wollte gefragt, ob ich als Gehilfe, respektive Leinenhalter, diese Fahrt mitmachen würde. Mit grosser Freude hatte ich natürlich zugesagt. Wer möchte schon auf eine Fahrt durch die Panama Schleusen, den Gatun See und den Panamakanal verzichten. Es war wirklich ein einmaliges Erlebnis – nicht einfach vom Visitor Center eine Schleuse zu bewundern, sondern die gesamte Kanaldurchfahrt selber miterleben zu können.

Ende August stand dann eine Visareise nach Costa Rica auf dem Programm. Da es wegen der Hurrikan Saison noch zu früh war Richtung Kuba zu segeln, musste ich Panama für kurze Zeit verlassen um dann wieder einzureisen mit einer neuen Aufenthaltsbewilligung. An dieser Stelle sei erwähnt, dass sich der Blauwassersegler (Weltenbummler) ausführlich mit den jeweiligen länderspezifischen Gesetzten und Regelungen für Schiff und Crew auseinanderzusetzten hat und dies besser vor dem Landgang. Wer will schon zurückgewiesen werden, hohe Bussen bezahlen oder sogar sein Schiff an der Kette sehen. Hierzu gibt es eine ausgezeichnete Internetseite (noonsite.com), welche weltweit und laufend aktualisiert, länderspezifische Informationen beinhaltet.

Meine Visareise nach Costa Rica war ein tolles Erlebnis. Eine Woche mit dem Mietwagen quer durchs Land, vom karibischen Meer zum Pacific, durch Tropenwälder, vorbei an beindruckenden Vulkankegeln, über Schotterstrassen in die Berge zu Kaffee- und Bananenplantagen. Von dem Trip erholt habe ich mich in einem Spa-Ressort in Fortuna beim Vulkan Arenal. Dies allerdings in der Nebensaison. Costa Rica ist während der Reisezeit ein teures Pflaster. Diese Vulkanregion mitten im Regenwald und einem Naturschutzgebiet bietet eine grosse Menge von Abenteuerexkursionen wie Zip line Treck, Skywalk über dutzende Hängebrücken, Riverrafting, Kayak und Biketouren. Die Tour durch den Urwald mit Hängebrücken war ein wunderbares Naturerlebnis - das Abenteuer mit den Zip lines eine reine Adrenalinangelegenheit. Dabei ging es mit Offroad Fahrzeugen den Berg hoch und dann über mehrere Hängeseile an einer Seilrolle über Täler und Schluchten mit bis zu 80 km/h ins Tal hinunter. Wow!

Zurück in Panama hatte ich im Oktober noch Besuch aus der Schweiz mit einem lässigen Abschiedstörn durch die San Blas Inseln. Um nach Bocas del Toro im Westen von Panama an der Grenze zu Costa Rica liegend zu segeln, war es lediglich eine Zweitagesfahrt, allerdings mit ziemlich viel Gegenstrom, der sich ganzjährig an der Ostküste Mittelamerikas Richtung Süden bewegt und «Anita» fortwährend mit bis zu eineinhalb Knoten abgebremst hat. Bocas der Toro liegt auf der Insel Colon in Mitten einer naturbelassenen und spärlich besiedelten Inselwelt. Das Städtchen selbst ist sehr touristisch, denn es wird täglich von dutzenden Ausflugsbooten mit Tagestouristen vom Festland angelaufen. Dafür gibt es dort unzählige Einkaufsmöglichkeiten, Restaurants und Bars. Dies war für mich sehr vorteilhaft, da ich hier meine Lebensmittelvorräte auffüllen konnte und auch die Formalitäten für die Aus- und Weiterreise Richtung Insel La Providencia (kolumbisch), Cayman Inseln (englisch) und schlussendlich Kuba, erledigen konnte.

Die beiden kolumbianischen Inseln San Andres und La Providencia sind auf dem Weg nach Norden sehr günstig gelegen, da sie den Seglern einen Unterbruch zu der recht grossen Distanz (800 sm) nach Kuba erlauben. Ich habe mich für die kleinere nördlich gelegene Insel La Providencia entschieden, denn sie wurde mir wegen ihrer Schönheit empfohlen. Das Ein- und Ausklarieren ging recht einfach zu und her, denn der Agent (Mr. Bush) leitete alles notwendige in die Wege. Ich musste also nicht von Amt zu Amt, die betreffenden Beamten kamen allesamt zu mir aufs Schiff. Erwähnenswert ist einerseits die Tagestour, die ich mit einem Roller unternommen habe und die zauberhafte Insel umrundete und andererseits die Bekanntschaft, die ich mit einem jungen Seglerpaar gemacht habe. Nathaly und Marc sind Sporttaucher im Stiel Freitauchen. Man stelle sich vor, die Beiden tauchen ohne irgendwelche Hilfsmittel in über achtzig Metern Tiefe. Sie nehmen an Meisterschaften Teil und waren jeden Tag am Trainieren. Nathaly ist übrigens Afrikanische Meisterin im Freitauchen.

Bereits nach einer Woche segelte ich weitere drei Tage zum nächsten Zwischenstopp, Gran Cayman.

Auch hier war das Einklarieren sehr unproblematisch und die Beamten waren alle sehr freundlich und hilfsbereit. Gran Cayman ist ja bekannt wegen seines Rufes als Steuerparadies. Leider musste ich meine Bankentour abbrechen, denn keine Bank konnte ein Konto ausgestellt auf meinen Namen finden. Dies schien bei Anderen der Fall zu sein, denn die kleine Insel ist in den unzähligen Lagunen mit hunderten von Supervillen, alle mit Offshore und/oder Segelyachten vor ihrem Grundstück, überbaut. Bewohner dieser Villen sieht man wenige, die sind meist nur für Ferienzwecke bewohnt!

Die Infrastruktur der Insel ist aufgrund des Reichtums ausgezeichnet und sehr gepflegt. Es gibt viele Einkaufszentren, Shoppingmals, Hotels, Bars und Restaurants. Täglich gehen hier drei bis sechs Kreuzfahrtschiffe vor Anker und entladen dann bis zu 10'000 Touristen, welche all die Shoppingmals, Strände und Restaurants überfluten. Wöchentlich ein- bis zweimal sieht man am Abend Feuerwerkkompositionen die problemlos mit den grossen Spektakeln dieser Welt konkurrieren könnten.

 

Hier in Gran Cayman habe ich auch meine Tiefseetauch Freunde von La Providencia wieder getroffen. Für die gleiche Distanz, welche ich in drei Tagen zurückgelegt hatte, benötigten die Beiden volle fünf Tage. Kommt noch hinzu, dass der Autopilot ihres Catamarans kurz nach dem Start ausgefallen war und die gesamte Strecke von 400 Seemeilen von Hand gesteuert werden musste, Tag und Nacht, versteht sich. Es ist nun kurz vor Weihnachten, und ich bereite mich für die letzten 150 Seemeilen nach Kuba vor. Hier in Grand Cayman kann man viele Lebensmittel einkaufen, die in Kuba schwer erhältlich sind. So konnte ich hier auch meinen Gasvorrat zum Kochen, sowie Diesel und Benzin bunkern.

 

Ich freue mich auf Kuba!

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