Logbuch

06.03.2017
13:45

Atlantiküberquerung 2016

Nun bin ich also im Paradies – auf Erden versteht sich. Ich sitze unter Palmen am weissen Strand von Bequia in der südlichen Karibik und geniesse einen Rum Punch (nicht heiss, sondern mit Eis). Dabei erinnere ich mich ein gutes halbes Jahr und etwa 7'000 Kilometer in nordöstlicher Richtung zurück und bin genau dort, wo mein letzter Logbucheintrag geendet hat – in Palma de Mallorca, Balearen.

Nachdem ich also Mitte Juli aus meinem Kurzaufenthalt aus der Schweiz nach Palma de Mallorca zurückgekehrt war, begann bereits mein Atlantikabenteuer, indem Schiff und Technik für die grosse Fahrt vorbereitet wurden. Mehrheitlich durch Experten wurden Segel und Rigg, die Gasversorgung sowie Rettungsmittel und Rettungsinsel auf Funktionalität überprüft. Der Volvo Penta Motor erhielt seinen 2'000/h Service. Von meinem Zubehörausrüster Shipshop in Duisburg sind rechtzeitig die bestellten 35 Gastlandflaggen aller Karibikinseln, mehrere Revierführer, elektronische und gedruckte Seekarten für die Region Atlantik und Karibik eingetroffen. Blieb noch der Einbau des neuen AIS Transponders, welcher erlaubt sämtliche Berufsschiffe auf meinem Kartenplotter zu sehen und was noch wichtiger ist, von diesen Schiffen auch auf ihren elektronischen Geräten gesehen zu werden. Dazu gibt es auch Apps, die erlauben meinen Standort sowie Track in Küstennähe via Internet zu verfolgen (die Links dazu finden sich auf der ersten Seite meiner Homepage).


Ende Juli war dann der Zeitpunkt gekommen, endgültig von den Balearen Abschied zu nehmen Richtung Westen…Westen… Westen. Ich hatte 14 Tage Zeit um nach Malaga (Andalusien) zu gelangen, um ein befreundetes Ehepaar aus München an Bord zu nehmen, welches mich für die Etappe zu den Kanarischen Inseln begleiten würde. Mehr als genügend Zeit also für diese 400 Seemeilen. Trotzdem ist unter Segel immer genügend Reservezeit einzuplanen, Windrichtung- und Stärke, Seegang aber auch technische Probleme können geplante Reisezeiten massiv beeinflussen. So war ich drei Tage im Hafen von Carrucha blockiert um meinen Windgenerator zu reparieren. Ich hatte in Palma de Mallorca dieses Gerät in Garantie ersetzen lassen (Korrosionsschäden), wobei dabei scheinbar ein elektrisches Zuführungskabel verletzt worden war - Fazit, der Windgenerator produzierte keinen Strom mehr. Allein die Fehlerdiagnose hatte unter freundlicher Skype Mithilfe der Lieferfirma einen Tag in Anspruch genommen. Schier unlösbar schien mir dann, ohne fremde Hilfe den schweren Windgenerator aus seinem ‘Hochsitz’ auf dem Geräteträger zu demontieren und wieder zu montieren. In solchen Situationen wird man gezwungenermassen einfallsreich. Mit Hilfe des Spinnackerbaumes fertigte ich einen Kranausleger an, mit dessen Hilfe ich den Windgenerator über eine Seilwinde anheben und absenken konnte (s. Bild). Das Verlegen des neuen Elektrokabels war dann nochmals eine Halbtagesarbeit mit viel Kratz- und Schürfspuren an meinem ganzen Körper. Nichts, aber auch gar nichts ist so schlecht zugänglich wie ein verbauter Bootskörper! Die Weiterfahrt war dann um so genüsslicher, bei besten Wind- und Wetterverhältnissen, verbunden mit herrlichen Buchten Stopps entlang der Andalusischen Küste, erreichte ich rechtzeitig mein Etappenziel Malaga. 

Schön, wieder einmal Gäste an Bord zu haben. Die ganze Mittelmeer Durchquerung von der Südtürkei, über Griechenland, Sizilien, Sardinien, Balearen bis nach Malaga hatte ich ja ‘einhand’ zurückgelegt. Die Etappe über Gibraltar zu den Kanaren betrug ungefähr 700 Seemeilen, womit es einiges an Lebensmittel einzukaufen gab. Lediglich Diesel und alkoholische Getränke planten wir im taxfreien Gibaltar zu übernehmen. Wer die Strasse von Gibraltar durchquert, sollte wenn möglich einen Zwischenstopp auf der geschichtsträchtigen englischen Halbinsel Gibraltar einplanen. «Very British» geht es da zu und her und man wähnt sich kulturell und architektonisch in einer typischen englischen Kleinstadt. Das Ein- und Ausklarieren war absolut stressfrei und wurde im Hafenbüro der Marina erledigt.

Die Strasse von Gibraltar zu durchsegeln braucht eine gewisse Vorbereitung und Planung. Klar, die Windverhältnisse sind grundsätzlich massgebend ob man segeln kann oder Motoren muss. Dazu kommen aber die etwas komplizierten Strömungsverhältnisse, durch welche man bei richtiger Interpretation und entsprechender Abfahrtszeit die 30 Seemeilen der Meerenge in vier Stunden statt in acht Stunden bewältigen kann. Gratulation Gert, wir haben richtig gerechnet. Zudem konnten wir ein Wetterphänomen einer ganz kurzfristigen stockdichten Nebelbank eindrücklich erleben, mitten im Sommer bei schönstem Wetter. Die Windverhältnisse Richtung Kanarische Inseln waren ideal. Mit Ausnahme, dass wir uns zu Beginn etwas zu nahe der marokkanische Küste genähert hatten und von der Marine freundlich aber bestimmt weggewiesen wurden, verlief die Reise absolut genussvoll und fast ausschliesslich unter Segel. Ausser meinem stündlich, fünfminütigen «Brückengang» hatten wir dank AIS und Radar nachts mehrheitlich durchgeschlafen – herrlich. Die Atlantikwelle war zu Beginn etwas gewöhnungsbedürftig. Es ist einfach so. Nichts hält – alles fällt! Der gedeckte Frühstückstisch im Cockpit wurde zur beweglichen Masse und selbst sechs Hände konnten einfach nicht alles unter Kontrolle halten. Und so machte Mühe wieder einmal erfinderisch. Nach ein paar Skizzen und Entwürfen übernahm der geniale Bastler Gert die Aufgabe zu Hause ein geeignetes, einfaches Tablett zu konstruieren, welches dem Chaos auf dem Cockpittisch Einhalt gebieten sollte. Um es gleich vorweg zu nehmen, war dieses geniale Tablett bereits auf der Atlantiküberquerung Teil des ‘Anita-Inventars’ (s. Bild).

Das Segelrevier Kanarische Inseln unterscheidet sich massgeblich vom Mittelmeer. Das Windsystem unterliegt bereits den Passat Gegebenheiten (mehrheitlich NE Winde von 15-30 Knoten). Der Tidenhub kann bis zu drei Metern betragen und die Welle ist bei Starkwinden zwar hoch (bis 4 Meter) dafür aber langgestreckt. Die Wasser Temperaturen liegen um 20 bis 23 Grad. Nebst Atlantikfischen wie Marlin und Goldmakrele sind auch grössere Delphingruppen und Grindwale zu beobachten. Die vulkanischen Inseln verlaufen auf einer Länge von rund 500 Kilometer von Nordost nach Südwest und unterscheiden sich klimatisch, topografisch und in Bezug auf Fauna und Flora ganz erheblich. Obwohl die vulkanischen Inseln bereits vor Jahrmillionen entstanden sind, gibt es immer noch Vulkanaktivitäten. So erlebte Lanzarote im 18. Jahrhundert nochmals einen gewaltigen Vulkanausbruch, welcher die Insel auch heute noch eindrucksvoll prägt, als wäre die Katastrophe erst unlängst geschehen. Die Insel Fuerteventura wiederum weist langgezogene hohe weisse Dünen auf, welche durch windbedingte Sahara Sandverfrachtungen entstanden sind. Je südlicher man sich befindet, desto bewachsener und subtropischer werden die Inseln. «Grössenwahnsinnig» ist die Vulkanspitze des Teide auf der Insel Teneriffa. Mit 3'718 Metern Höhe ist er gleichzeitig der höchste Berg Spaniens und wenn man bedenkt, dass in unmittelbarem Distanz das Meer auf 4'000 Meter absinkt, ist dies schon sehr eindrücklich. 

Während meines dreimonatigen Aufenthaltes in dieser Inselwelt hatte ich mehrere Törns mit Freunden aus der Schweiz gemacht und immer hatten wir auch Landausflüge mit Mietautos unternommen um Menschen, Geschichte und Kultur besser kennenzulernen. Mich persönlich hatte die Insel La Gomera am meisten beindruckt. Durch die aufsteigenden Nebel der Passatwinde, ist die nordwestliche Inselhälfte subtropisch fruchtbar mit ausgedehnten Lorbeer Regenwäldern und Riesenfarnen. Die vom Wind abgewandte Seite ist karg und zeigt die Gesteins- und Sedimentschichten von Jahrmillionen. Wir hatten ausgedehnte Wanderungen unternommen und ich habe noch nie in so kurzer Zeit so viele Fotoaufnahmen gemacht, denn es war überwältigend. 

Mitte November hatte ich mich bis zu den Startvorbereitungen der Atlantiküberquerung in der Marina Las Palmas de Gran Canaria niedergelassen. Ein Wasserverlust bei laufendem Motor machte den Ersatz der Wasserpumpe notwendig und das Vor- und Hauptsegel bedurften einiger Reparaturen und Verstärkungen. Immerhin waren auf den kommenden 3'000 Meilen keine Reparaturen möglich. Der Einkauf an Lebensmittel und Getränke für die Atlantik Crew (3 Personen) füllte einen ganzen Mietwagen. Ich war in grosser Sorge, wie dies alles in den Bauch von ‘Anita’ reinpassen sollte. Für Früchte und Gemüse hatte ich im Salon und unter dem Geräteträger im Cockpit Netze gespannt. Haluk, ein bayrisches Crewmitglied aus München war besorgt, ob denn genügend Bier an Bord sei. Doch obwohl wir unterwegs nicht gespart hatten, konnten wir in der Karibik immer noch unser geliebtes «San Miguel» geniessen. 

Kurz vor Start zur grossen Fahrt gab es für mich noch eine besondere Überraschung. Da ich ja über den Jahreswechsel nicht in der Schweiz weilen würde, hatte mich meine Tochter Anita mit der 5-jährigen Enkelin Nina in Las Palmas besucht (ihr kleiner Bruder Dario war mit zweieinhalb Jahren noch zu klein für diese Reise und durfte zum "Neni" in die Ferien. Es waren für uns Alle vier unvergessliche Tage. Nina, das erste Mal Fliegen, auf Grosspapis Boot schlafen, im Dezember im Meer baden, im Aqua Park einen Delfin streicheln, usw. Der Abschied am Flughafen war uns dann auch nicht leicht gefallen. 

Erster Dezember – Leinen los. Obwohl die Windvorhersagen für die ersten vier Tage nicht dem Passatmuster entsprachen, wollten wir ablegen – wir hatten drei Wochen Atlantik vor uns und wir wollten einfach nicht warten. Die klassische Passatroute in die Karibik ist eigentlich klar; ab Gran Canaria rund 700 Seemeilen in südwestlicher Richtung. Dann etwa 100 Seemeilen nördlich der Kapverdischen Inseln Richtung West. Insgesamt etwa 2'800 Seemeilen. Unser Kurs führte uns die ersten drei Tage windbedingt unter Kreuz Richtung Süden, etwa 60 Seemeilen der afrikanischen Küste entlang bis sich endlich der Passat einstellte. Dann ging es aber flott voran. Zuerst mit 15-20 Knoten (wir konnten zwei volle Tage und Nächte den Spinnacker fahren), später mit 20-30 Knoten gerefft. Wenn anfänglich nur vier Knoten Speed auf der Logge waren, so steigerte sich dies bald einmal auf 7, 8 und 9 Knoten. Unsere Spitzengeschwindigkeit war kurzfristig (zum Glück) 14.5 Knoten! Grundsätzlich sind drei Komponenten massgebend für eine sorgenfreie Atlantiküberquerung. Klima (Wetter, Wind und Welle), Rigg und Technik und schlussendlich die menschliche Komponente. 

Wetter: Der Passatwind ist zwischen Dezember und April ziemlich stabil. Obwohl es immer wieder mal zu sogenannten Passatstörungen kommen kann, wenn ein nördliches Tiefdruckgebiet zu grossen Einfluss nimmt und Flaute oder Starkwinde aus unterschiedlichen Richtungen verursacht. Ein Bestandteil des Passatwindes sind die mehr oder weniger ausgeprägten Squalls (Gewitterzellen). Nachts sind sie heimtückisch, da sie schlecht sichtbar und vorhersehbar sind. Ist man aufmerksam, kann man meistens im Radar die dazugehörige Regenzelle beobachten. Dann heisst es blitzartig Reffen, Reffen, Reffen. Das ganze Spektakel dauert jeweils nur 10 – 20 Minuten und das Schiffsdeck und die Crew sind wieder Süsswasser gereinigt. Um kein zu grosses Risiko einzugehen, hatten wir mit zunehmender Passatwindstärke abends, bei beginnender Dämmerung die Segelfläche vorsorglich verkleinert. Nicht alle Übersegler haben dies so gemacht und sind unter Regattabedingungen mit vollen Tüchern in die Nacht gesegelt. In Martinique hatte mir ein österreichischer Skipper erzählt, sie hätten bei der Überfahrt drei(!) Spinnacker unbrauchbar gemacht – na Servus! Wer hat schon drei Spinnacker an Bord. Auch wir hatten ein Spinnacker-Problem, aber dazu später.

Schlussendlich ist es eigentlich die Welle, die eine Atlantiküberquerung zu einem mehr oder weniger strapaziösen Erlebnis macht. Mit den ost-nordöstlichen Winden kommt die Welle aus achterlicher Richtung und trifft das Schiff schräg von hinten. Daraus entsteht das sogenannte Schlingern, ein Schaukeln in Längs- und Querachse. Bei 3-4 hohen Wellen wird damit jede Bewegung und Tätigkeit zur akrobatischen Leistung. Vor allem Kochen und Abwaschen erfordert zirkusähnliches Geschick und man wird je nachdem zum Artisten oder zum Clown. 

Rigg und Technik: Beim Rigg kann man nicht mehr tun als vorab im Hafen das gesamte stehende und laufende Gut akribisch auf einwandfreien Zustand prüfen. Während der Fahrt lassen sich lediglich Bolzen und Sicherungen an Deck kontrollieren und die Wanten und Terminals sowie alle Umlenkrollen bis zur Mastspitze per Fernglas beobachten. Die übrige Technik an Bord kann je nach Zustand oder Störung zu kleineren oder grösseren Problemen führen.

Auch wir waren nicht vor unliebsamen Überraschung verschont – allerdings ohne schwerwiegende Folgen. Bei ständig nachlassender Stromproduktion durch den Hydrogenerator hatte sich bald einmal herausgestellt, dass ein Defekt vorliegen musste. Schlussendlich hat der durchgebrannte Regler zum Verzicht dieses Gerätes geführt – leider. So mussten wir alle zwei Tage den Motor für etwa zwei Stunden in Betrieb nehmen nur um die Bordbatterien zu laden und die Trinkwasseraufbereitung durch die Entsalzungsanlage betreiben zu können. Mit reduzierten Touren und ohne Propellerantrieb allerdings, aber trotzdem. Wer hört schon gerne während des Segelns das monotone Motorengeräusch. Ebenfalls versagt hatte die Nachtbeleuchtung an einem der beiden Steuerkompasse. Für uns war dies zwar kein Problem, da wir zu 99% mit Autopilot unterwegs waren und somit nur passiv steuern mussten. Passiv steuern heisst, ab und zu den Autopiloten um ein bis zwei Grad zu korrigieren um das Risiko einer ungewollten Halse zu minimieren.

Für mich eher unangenehm waren zwei Vorkommnisse, bei denen ich im Atlantik tauchen musste um an die Propellerwelle zu kommen. Einmal war bei einer ungewollten Halse (mit gesichertem Baum natürlich), die Angelleine mit Stahlvorlauf in die für das Notmanöver laufende Propellerwelle gelangt und hatte diese augenblicklich blockiert. Ein anderes Mal musste der Spinnacker geborgen werden, da eine Schot wegen Überlastung gerissen war. Dank des schnellen und mutigen Eingreifens meines sturmerprobten Mitseglers Haluk konnten wir zwar den Spinnacker (Parasailor) unverletzt bergen, hingegen fand das über Bord gegangene Bergetau seinen Weg ebenfalls in die für das Notmanöver laufende Propellerwelle. Tauchen mitten auf dem Atlantik war kein spassiges Erlebnis. Eintausend Seemeilen beidseits von Bug und Heck zum Festland, viertausend Meter in die Tiefe und eine Welle von drei Metern. Der österreichische Skipper würde dazu sagen – na Servus! Hinzu kam ja noch die unterschwellige Angst von kleineren und grösseren Meeresbewohnern, die in Küstennähe eher selten anzutreffen sind, sowie die Ungewissheit, ob der Schaden bei den schwierigen Verhältnissen überhaupt zu beheben sei. Trotzdem die Arbeit musste getan werden, denn eine funktionierende Maschine ist für Notmanöver zwingend erforderlich. Ohne meine ‘Freediver’ Tauchausrüstung wäre eine Problemlösung undenkbar gewesen. So hingegen konnte ich für längere Zeit in (relativer) Ruhe unter Wasser arbeiten und die Schraubenwelle jeweils wieder frei bekommen (s. Bild).

Die menschliche Komponente: Eine Atlantiküberquerung auf der Passatroute dauert etwa drei Wochen. Die gängige Bootsgrösse der Übersegler liegt im Durchschnitt bei etwa 14 Metern Länge und 4-5 Metern Breite. Wenig Raum also für das Leben an Bord für mehrere Personen und mehrere Wochen. Dies stellt physische und psychische Anforderungen an jedes einzelne Crewmitglied. Entschärft wird das Problem bei reduzierter Crew. Weniger Menschen - mehr Freiraum für den Einzelnen. Absolut vorteilhaft ist es, wenn sich die Crew bereits sehr gut kennt und damit mit den Stärken und Schwächen der Mitsegler umgehen kann. Stellt sich vielleicht die Frage, wie gut kennt man seine Freunde und Bekannte wirklich. Ich hatte mich bewusst für eine dreier Crew entschieden um grösstmöglichen Freiraum und mit der Belegung nur einer Person pro Koje eine gewisse Privatsphäre zu gewährleisten. Zudem zählte Haluk, einer der Crewmitglieder zu der Mannschaft, die bereits 2011 eine Atlantiküberquerung mit mir absolviert hatte. Ich wusste, dass ich mit meinem Freund Haluk sogar eine Weltumsegelung unternehmen würde. Haluk verbürgte sich für seinen Freund, der ihn als Mitsegler begleitete. Ein sehr wichtiges Instrument zur Aufrechterhaltung der guten Moral, ist eine abwechslungsreiche und gute Verpflegung. Wir hatten trotz der ‘Kochstrapazen’ wirklich königlich gegessen und getrunken und die drei Tagesmahlzeiten immer eingehalten. Sogar das Frühstücksei hatte nie gefehlt. Frischen Fisch gab es leider nur zweimal, obwohl wir mehrmals grosse Fänge an der Leine hatten – zu grosse, wie sich mehrmals nach Verlust von Leine und Köder feststellen liess. 

Die Überquerung dauerte in unserem Fall 22 Tage, wobei wir an unserem ursprünglich festgelegten Ziel Barbados nach 21 Tagen bewusst vorbeigesegelt sind und St. Vincent angesteuert hatten. Hätten wir die ersten vier Tage nicht entlang der afrikanischen Küste aufkreuzen müssen, wäre eine Überquerung unter 20 Tage möglich gewesen. ‘Anita’ war nämlich schnell, sehr schnell unterwegs. Durch den anfänglichen Umweg hatten wir nämlich in diesen 22 Tagen nicht nur die üblichen 2'800 sondern 3'200 Seemeilen zurückgelegt. Just an diesem letzten Tag, etwa 30 Seemeilen vor St. Vincent überrannte uns eine Gewitterzelle mit Sturmböen über 40 Knoten und sintflutartigen Regenfällen. Obwohl stark gerefft hielt die Verankerung des Spinnackerbaumes, welcher zur Stabilisierung des gerefften Vorsegels eingesetzt wurde, den Kräften nicht mehr Stand und brach entzwei. Glück im Unglück, denn der Spinnackerbaum schlug nicht auf das Deck, sondern baumelte an seinen inneren und äusseren Halteleinen wild umher. Wieder mit Haluks kräftiger Unterstützung konnten wir den Baum unter misslichen Bedingungen bändigen und seitlich an der Reeling festzurren. Auch zerrten die Böen dermassen stark am Vorsegel, dass sich äussere Lagen des mehrschichtigen Segelmaterials ablösten und den Böen hinterher flogen. Schäden, die auf eine Reparatur am Zielort Le Marin in Martinique warten mussten. 

Für die Crew war es ein grosses Erlebnis kurz vor Weihnachten endlich Land in Sicht zu bekommen und schliesslich wieder einmal festen Boden unter den Füssen zu haben. Da wir mitten in der Nacht St. Vincent erreichten und in einer Bucht vor Anker gingen, konnten wir die Details unserer neuen tropischen Umgebung erst am Morgen so richtig geniessen – Palmen, weisser Strand und 25 Grad Wassertemperatur. Endlich hatten wir auch wieder täglichen Kontakt mit den Lieben zu Hause, obwohl wir unterwegs per Satelliten Telefon ab und zu Reiseverlauf und Grüsse mitteilen konnten. Der Rückflug meiner beiden Mitsegler nach Europa war für den 3. Januar 2017 ab Martinique vorgesehen und so hatten wir noch zwei Wochen entspanntes Segeln vor uns entlang der Inseln St. Vincent, St. Lucia und Martinique. In Le Marin, Martinique angekommen hiess es ‘Anita’ nach drei Wochen und mehr als 3'000 Seemeilen von Salz und Korrosionsansätzen zu befreien. Die Crew hatte sich aufgeteilt, indem die beiden Mitsegler intensiv Deck und Reeling pflegten und ich unter Deck für Ordnung und Sauberkeit verantwortlich war. Ein schöner und interessanter Abschluss unserer gemeinsamen Reise war die Inselrundfahrt von Martinique per Mietauto. Haluk war über ein Jahr für seine Firma in Martinique tätig und eignete sich deshalb ausgezeichnet als kompetenter Reiseführer. Im Anschluss an ihre Heimreise am 3. Januar konnte ich in Le Marin die notwendigen Reparaturen an ‘Anita’ ausführen. Diese Naturbucht im Süden von Martinique mit ihren Marinas, Werften und Spezialausrüster eignet sich für jegliche Reparaturen an Schiff und Ausrüstung. 

Schon bald, am 10. Januar würde mein Besuch aus der Schweiz eintreffen für einen 3-wöchigen Segeltörn. Dies aber ist eine andere, neue Geschichte.

Mein Freund Haluk hat für sich einen Film geschnitten und diesen auf Youtube gestellt. Hier der dazugehörige Link

    

 

 

 

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