Logbuch

09.12.2013
00:17

Übersegelung nach Melilla

Auf, zum Winterhafen nach Melilla 

Ende Oktober, höchste Zeit also wie die Vögel nach Süden zu ziehen, wo es im Winter milder und wärmer ist. Mehrere Gründe haben mich bewogen Melilla als Winterplatz für „Anita“ auszuwählen.

  • Melilla ist die südlichste Stadt Europas (eine Enklave von Spanien) an der marokkanischen Mittelmeerküste gelegen. Je südlicher, je wärmer, desto besser!
  • Melilla ist eine multikulturelle Stadt mit pulsierendem Leben. Der Hafen Puerto Noray liegt im Zentrum der Stadt. Ich habe mir verschiedene Marina-Ressorts im Sommer angesehen und mir vorgestellt, wie diese Touristenhochburgen während der Winterzeit fast menschenleer, mit geschlossenen Geschäften und Restaurants, sich auf die Moral der wenigen Zurückgebliebenen auswirken müssten. Nein danke, ich möchte ohne wöchentlichen Psychiater Besuch den Winter überleben können.
  • Melilla ist als Enklave ein Zollfreigebiet, entsprechend günstig sind hier die Lebenskosten. Kostet ein Winterliegeplatz in den Balearen für ein 40 Fuss Schiff 6‘000 Euro, so sind es hier in Melilla gerade Mal 1‘200 (inkl. Strom, Wasser und Internet).
  • Melilla hat gute Verbindungen zum europäischen Festland. So fahren täglich zwei Fähren nach Almeria und Malaga (Fahrzeit ca. 7 Stunden). Zum Stadteigenen Flughafen benötige ich 10 Minuten mit dem Taxi und bin gleichentags via Madrid – Zürich, zu Hause im Bündnerland.

Da ich die gleiche Reise bereits im Frühling, jedoch im Eiltempo in drei Tagen zurückgelegt habe, wollte ich mir diesmal etwas mehr Zeit nehmen und einige Häfen am spanischen Festland anlaufen. Die Herausforderung war diesmal jedoch, dass ich bis Almeria alleine unterwegs sein würde und damit die Schlafperioden in die Fahrtenplanung mit einbeziehen musste. Die einzelnen Etappen durften demnach nicht mehr als etwa 16 Stunden betragen und die Ankunft am jeweiligen Zielhafen sollte aus Sicherheitsgründen immer bei Tageslicht erfolgen. 16 Stunden multipliziert mit durchschnittlich 5 Knoten ergeben Tagesetmale von 80 Seemeilen. Diese 80 Tagesmeilen habe ich meiner Etappenplanung zu Grunde gelegt und auf der Karte abgesteckt. Start in Andratx auf Mallorca nach Ibiza/Formentera, dann ans spanische Festland nach Altea, weiter dann zum Mar Menor und Cartagena, darauf folgend nach Garrucha und weiter in die Cala Genovése beim Cabo Gato um dann nach Almeria zu gelangen. In Almeria ist dann mein Seglerfreund Javier zugestiegen und hat mit mir zusammen den Golf von Alboran nach Melilla überquert.

Wenn man im Spätherbst und Winter unterwegs ist muss man berücksichtigen, dass die Tage kurz, sehr kurz sind. Ist es im Sommer 16 Stunden hell, sind es im Spätherbst 10 bis 11 Stunden. So bin ich manchmal um Mitternacht ausgelaufen, damit ich bei Tageslicht meine 80 sm Etappenziele erreichen konnte. Das war eine interessante, neue Erfahrung. Trotz AIS- und Radarwarnsystem ist in Küstennähe nicht an Schlaf zu denken auch nicht an den berühmten 20-Minutenschlaf. Entlang der spanischen Küste herrscht ausserhalb der Küstenlinie ein reger Schiffsverkehr der Grossschifffahrt von und nach Gibraltar und in Küstennähe wimmelt es nur so von Fischereifahrzeugen. Die sind dann eklig, die haben kein System und fahren kreuz und quer – hin und zurück. Natürlich, die gehen ihrer Arbeit nach und ich esse auch gerne Fische - trotzdem Fischereifahrzeuge sind wirklich unberechenbar und besonders nachts gönnen sie dem armen Skipper keine Ruhe.

In jedem Hafen habe ich dann zwei oder drei Tage verweilt um die jeweilige Stadt und ihre Sehenswürdigkeiten etwas näher kennen zu lernen. Damit konnte ich mich auch immer wieder von den zurückgelegten Etappen erholen und hatte insgesamt keinen Stress – denn kein Stress ist läss.

Altea hat mir sehr gut gefallen und auch Cartagena ist wirklich sehenswert. Dort lohnt sich auch ein Besuch des Seefahrtmuseums. Was mich immer wieder beeindruckt hat, sind die vielen Kunstmonumente die in spanischen Städten öffentlich auf- und ausgestellt sind. Überall ist auch Wasser im Spiel. Herrliche Springbrunnen, nachts dann auch beleuchtet, zieren die meisten Parks. Wie auch in Mallorca sind die Menschen in den Küstenstädten überaus freundlich und hilfsbereit.

Die Übersegelung von Almeria nach Melilla war dann eher etwas ruppig. Aus den für den 8. November angesagten 15-20 Knoten Wind wurden dann bald einmal 25-30 Knoten. Der Wind ist ja das Eine, der Seegang das Andere und da hat der Golf von Alboran einiges zu bieten. Javier mein Mitsegler und Kenner der Region hat mir bestätigt – der Golf von Alboran ist hinsichtlich Wellen etwas chaotisch und unberechenbar. Nicht, dass diese extrem hoch waren, aber die Richtung – wie die Fischer, von allen Seiten kommend! Wir sind zwar sehr schnell vorangekommen und haben für die 100 Seemeilen nur gut 14 Stunden gebraucht, aber wir waren auch ziemlich durchgerüttelt und durchnässt.

Nun liegt also „Anita“ nach ihrer ersten Segelsaison in Melilla, ihrem Winterhafen. Die Yacht ist mir im Laufe des Jahres sehr ans Herz gewachsen. Sie hat mir viel Freude bereitet und ich habe meinen Schritt in die Seglerpension zu keinem Zeitpunkt bereut. Nicht ohne Grund habe ich nun einige Wochen hier im sicheren Hafen von Melilla verbracht. Einerseits wollte ich die Stadt, Ihre Menschen und deren kulinarische Gewohnheiten kennen lernen andererseits aber auch beobachten, wie sich meine Yacht bei Starkwind oder Sturm im Hafen verhält, denn nicht immer ist der Hafen der sicherste Ort. Hier an der Mittelmeerküste und nahe der Strasse von Gibraltar fegen im Winter manchmal sehr starke Winde von West nach Ost und umgekehrt. Einen Weststurm mit gegen 40 Knoten habe ich bereits erlebt. Das Schiff hat sich gut gehalten, nicht so mein Faltfahrrad. Als ich dieses nach der Sturmnacht vermisst habe, war mir schnell klar, dass dabei kein Diebstahl vorliegen würde, sondern dass mein Bike vom Sturm über den Steg zum Meeresgrund befördert wurde. So war es dann auch. Nach Inbetriebnahme meines genialen Tauchgerätes „Freediver“ habe ich mein Fahrrad dann wieder an die Luft gesetzt. Natürlich nicht ohne gründliche Reinigung mit Süsswasser und WD40. Die Ausgaben für mein Tauchgerät haben sich übrigens bereits bezahlt gemacht. Hier die Artikelliste der sich lohnenden Tauchgänge während der Saison: Fahrrad, Badeleiter, Teleskopbootshaken, Teleskopschrupper, Achterreeling und ein Bikinioberteil(!).

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