Logbuch

06.06.2019
15:47

ABC-Inseln und Kolumbien 2018/2019

Von Grenada aus sollte es nun, bald Ende September, weiter Richtung ABC-Inseln und Kolumbien gehen. Aus Hurrican Sicht noch etwas früh, allerdings zielte mein Kurs für die kommenden drei Tage von Grenada nach Bonaire immer mehr aus der Zugbahn der möglicherweise noch auftretenden Hurricanes. Die Wettervorhersage versprach auch eine ruhige und doch schnelle Überfahrt. Und so war es dann auch. Drei Tage und Nächte für 420 Seemeilen und damit ein durchschnittliches Tagesetmal von über 140 Seemeilen sind für ein 40 Fuss Segelschiff eine sehr gute Leistung. Noch vor kurzer Zeit haben die Segler diese Distanz in einzelnen Tagestörns über die Venezolanischen Inseln Blanquilla, Los Roques und Islas Las Aves zurückgelegt. Seit 2018 hat allerdings das EDA vor Reisen in diese Archipelagos sowie auch das Festland Venezuelas wegen politischer Instabilität abgeraten. Zurzeit (Frühling 2019) sind sämtliche Häfen Venezuelas für ausländische Schiffe gesperrt.

Die Ankunft in Bonaire war für das Auge einerseits eine herbe Entäuschung andererseits aber eine wundersame Überraschung. Erwartet hatte ich ähnliche tropische Bilder mit üppig überwachsenen Hügeln und Bergen sowie Palmen und weissen Sandstränden wie in den kleinen Antillen. Nichts dergleichen. Die Inseln der holländischen Antillen sind flach, überwachsen mit Büschen und Kakteen (Palmen gibt es nur bei Hotels), statt saftigem Grün herrscht die Farbe braun für Trockenheit vor. Wettgemacht wurde der eher enttäuschende Anblick der Inseln durch das absolut kristallklare Wasser und die entsprechende Sicht auf eine fantastische Unterwasserwelt. Sehenswert auf Bonaire ist der Washington Nationalpark, den man allerdings auch mit dem eigenen Schiff erreichen kann, die Salinen im Süden der Insel sowie die hübsche kleine Hauptstadt Kralendijk mit vielen Bars, Restaurants und Geschäften.

Die Gesamte Küste der Insel ist ein Naturschutzgebiet, ankern ist grundsätzlich verboten. Allerdings liegen vor dem Städtchen Kralendijk rund 40 Festmacherbojen (bis 54“-Schiffslänge) und entlang der Westküste etwa 70 Tagesbojen zum schnorcheln und tauchen. Die Festmacherbojen vor dem Stätchen kosten 10 USD pro Nacht. Die Regelung lautet „first come, first serve“. Bleiben kann man solange man bezahlt. Der Beitrag zum Naturschutzgebiet beträgt 10 USD pro Person für 3 Monate und berechtigt zur Tagesnutzung der Tauchbojen. Während meines Bonaire Aufenthaltes hatte ich wieder mehrmals Besuch von Freunden und Bekannten aus Europa. Segeln, schnorcheln, sonnenbaden und gut essen, dass war die Devise für diese Zeit. Vorallem die Eindrücke Unterwasser haben bei den Gästen und natürlich auch mir grossen Eindruck hinterlassen. Diese Vielfalt an Fischen und Korallen in klarem Wasser ist sicher einzigartig. Man braucht dazu nicht irgendwo hinzufahren - an einer Boje festmachen, badeleiter runter, Taucherbrille an und schon ist man inmitten einer anderen, fantasrischen Welt, als ob man sich eben grad in eines der weltweit bekannten Ozeanisches Unterwasseraquariums begeben hätte. Haluk, einer meiner Gäste hat 60 Gigabite Unterwasserfotos und Filme aufgenommen!!!

Die ABC-Inseln (Aruba, Curacao, Bonaire) sind reine Touristeninseln und werden ganzjährig von Kreuzfahrtschiffen angelaufen und jährlich von tausenden Amerikanern und Europäern für Tauchsportferien besucht. Die Inseln gehören in Taucherkreisen zu den „top ten“ weltweit. Für Segler, die einen Zeitplan einzuhalten haben, empfehle ich Bonaire anzulaufen. Curacao hat ausser dem hübschen Städtchen Willemstaad und einer gut ausgerüsteten Werft mit einer kleinen Marina nichts besonderes für Segler zu bieten. Ankern ist nur in der Lagune „Spanish Water“ mit entsprechender Wasserqualität möglich und das Ein- und Ausklarieren ist das Umständlichste, was ich in den kleinen Antillen je erlebt habe. Auch Aruba ist vorwiegend ein Taucher Hotspot, wo sich im Allgemeinen nur wenige Yachties aufhalten. Wer allerdings seine Yacht für einen Segelunterbruch an Land stellen möchte, kann dies lediglich in Curacao oder Aruba tun. Bonaire verfügt nicht über die notwendige Infrastruktur, obwohl es beim Städtchen Kralendijk eine sehr schöne Marina gibt, aber leider keine Werft mit Krananlage.

Da ich meinen 3-wöchigen Schweizurlaub auf Anfang Oktober geplant hatte, war die Curacao Marina meine beste Wahl, um das Schiff an Land zu hieven und während meiner Abwesenheit Motor- und Saildriveservice ausführen zu lassen. Drei Wochen ist wiederum eine kurze Zeit, um all die Freunde, Bekannten und Verwandten in der Schweiz zu treffen. Diesmal war es ganz speziell. Ich hatte ja Anfang September einen runden Geburtstag, der mit „7“ anfängt, den ich allerdings in Grenada mit Seglerfreunden gefeiert hatte und somit nicht in der Schweiz weilte. Nun, was war geschehen, ich wurde von einem Seglerfreund zum vorab festgelegten Nachtessen in Felsberg abgeholt. Statt vor sein Haus zu fahren, parkierte er vor dem Gemeindehaus und liess mich aussteigen. Ich habe mich zwar gewundert, aber was soll’s. Erst als mich meine Tochter mit dem „Anita“ T-Shirt vor der Lifttüre begrüsste, ahnte ich „schlimmes“. Wir fuhren mit dem Lift in das Dachstockwerk zum grossen Gemeindesaal – die Tür ging auf und die meisten meiner Freunde, Bekannten und Verwandten aus der ganzen Schweiz und sogar dem Ausland strahlten mich lächelnd an. Eine riesen Überraschung, die wieder einmal meine Augen zum überlaufen brachten. Wir verbrachten einen herrlichen Abend mit reichhaltigem Buffet, gutem Wein, einer Multimediashow meiner Zeit auf dem Meer und vielen angeregten Gesprächen und ebenso vielen Geschenken und Zuwendungen. Vielen, vielen Dank an all die Gäste, die allein wegen mir angereist sind. Ein grosses Kompliment dem kleinen, aber effizienten OK unter Führung meiner Tochter Anita für die ganze Organisation inklusive «Schmidi’s Buffet» und ebenfalls noch einen herzlichen Dank an meinen Seglerfreund Patrick für die beiden Multimedia Shows „Sun down“ und „Skippers dream“, mit den schönsten Sonnenuntergängen und vielen Bildern meiner Mitsegler der vergangenen Jahre. Ein unbezahlbahres, bleibendes Zeitdokument.

Dass zur selben Zeit, 7000 km westlich in Curacao der Servicemann an meinem Boot festgestellt hat, dass mein Saildrive (Propellerantrieb) komplett defekt und ersetzt werden muss war noch ein mitternächtliches Geheimnis der Zeitverschiebung. Zu diesem Zeitpunkt wusste ich noch nicht, dass so ein Saildriveantrieb mit Beschaffungs- und Aus-/Einbauaufwand 14‘000 Dollar kosten würde(!), ich wusste aber auch noch nicht, dass meine Versicherung durch das versicherte Zusatzrisiko „Maschinenschaden“ den gesamten Schaden diskussionslos übernehmen würde. Vielen Dank – Allianz Suisse. Natürlich bezahlt man Prämien für Versicherungsleistungen, nur war ich sehr erstaunt, wie unkompliziert die ganze Schadensabwicklung von der Versicherung gehandhabt wurde.

Zurück in Curacao war noch das Unterwasserschiff mit neuen Antifouling-Anstrichen zu behandeln, danach ging „Anita“ wieder in ihr Element Wasser.

Der Jahreswechsel ins neue Jahr 2019 war in Bonaire ein ganz spezielles Ereignis mit endlosem Feuerwerk ab 23.00 bis 01.00 Uhr. Um die Show aus etwas Distanz geniessen zu können und nicht von glühenden Feuerwerkskörpern getroffen zu werden, hatte ich mich für Nachtsegeln entlang der Uferpromenade entschieden. Ein unvergessliches Erlebnis, zumal auch das Kreuzfahrtschiff AIDA La Perla etwas auf Distanz gegangen ist und mit ihren tausenden LED Lichtern im Takt zu Musik zur perfekten Mitternachtsshow beigetragen hat.

Ende Februar hiess es dann Abschied nehmen von den ABC-Inseln mit dem abenteuerlichen Ziel Kolumbien, da ich dort nicht nur segeln wollte, sondern auch ausgedehnte Ausflüge ins Landesinnere unternehmen wollte. Seglerisch war diese Etappe von rund 420 Seemeilen recht anspruchsvoll, da die Region um die Nordspitze von Kolumbien für Starkwinde aus Ost und hohen Wellen bekannt respektive berüchtigt ist. Ich war ja auch alleine 3 Tage und Nächte unterwegs nicht selten mit Windstärken über 30 Knoten und drei bis vier Meter hohen Wellen. Auch „Anita“ hat diese Strapazen mitgenommen, denn etwa 50 Meilen vor meinem Ziel Santa Marta (Kolumbien), hat meine Ruderanlage beängstigende Knackgeräusche von sich gegeben und das Steuern wurde zunehmend „schwammiger“. Der Schaden war erheblich, aber nicht bedrohlich. Zwei von vier Schrauben, welche das Ruder in Position halten, waren durch Korrosion und Belastung gebrochen und erlaubten dem Ruder ein Spiel von etwa 3 cm. Eine ungemütliche Situation, die ich nur bedingt durch provisorische Fixierungen beheben konnte. Immerhin, ich bin steuerbar, ohne fremde Hilfe in Santa Marta angekommen. Die Schadensbeurteilung hat einmal mehr ergeben, dass eine Verschraubung unterschiedlicher Metalle (Schraube V4 zu Gewindeträger Alu) unweigerlich zu Korrosion und Bruch führen muss. Meine Reparatur mit doppelt so vielen und durchgehenden Schrauben wird meine Lebenszeit sicherlich überdauern.

Santa Marta, im Nordosten Kolumbiens gelegen eignet sich ausgezeichnet als Ausgangspunkt für Reisen innerhalb Kolumbiens. Die Marina ist modern, sehr sicher und liegt direkt bei der Altstadt. Im Hinterland erheben sich die Gipfel des höchsten Küstengebirges der Welt, die Sierra Nevada Santa Marta. Die Stadt ist Ausgangspunkt für Ausflüge zum angrenzenden Tayrona Nationalpark sowie dem mehrtägigen Track durch das Urwald Naturschutzgebiet der Indigos nach Minca und weiter zur verlorenen Stadt „ciudad perdida“ auf 1‘200 Metern. Dieses Gebiet gilt heute für Touristen als sicher, obwohl es noch vor wenigen Jahren von Rauschgiftanbau und Paramilitärs beherrscht wurde. Ich habe mir in Minca durch Booking.com ein Hostel ausgesucht, welches relativ nahe (600 Meter) beim liegt. Was ich und wahrscheinlich auch Booking.com nicht realisiert hatten, waren die 600 Meter, die nicht als Distanz, sondern als Höhenuterschied zum Zentrum angegeben wurden! Da ich an diesem Tag bereits eine sechsstündige Regenwaldtour hinter mir hatte und auf keinen Fall nochmals eine zweistündige Bergtour absolvieren wollte, gab ich mich nochmals einem speziellen Abenteuer hin. In Minca gibt es „Motorrad-Taxis“, die in die abgelegenen Täler und Berge fahren. Es sind geländegängige Motocrossmaschinen, jene mit denen gejumpt und Pirouetten gedreht werden. In 15 Minuten hat mich der junge Kerl mit samt meinem Backpack den Track zum Hostel „El Paraiso de tuki“ hinaufgefahren. Die meiste Zeit hatte ich die Augen vor dem Abgrund geschlossen und meine Arme waren um seinen Körper geschlungen, wie bei einem verliebten Paar. Als er mich oben abgeladen hatte, fragte er mich, ob er mich andern Tags wieder abholen sollte! Für 1‘000 Dollar nicht, ich gehe zu Fuss den Berg hinunter, war meine Antwort. Ich habe mir dann allerdings sagen lassen, dass die Jungs ausgezeichnete Fahrer wären und es nur sehr selten zu Unfällen kommen würde. Die Lage dieses einfachen Hostels, welches immerhin ein Rating von 9.1 vorzuweisen hatte, war fantastisch. Die Abendstimmung, mit Sicht über die Berge und Täler des dampfenden Regenwaldes bis hin zum Meer nach Santa Marta bleiben mir unvergesslich.

Weiter auf dem Plan stand eine 10-tägige Reise von Santa Marta per Flug nach Medellin, einem Bustrip nach Jardin und zurück, einem Weiterflug ans Meer nach Cartagena und von dort mit dem Bus wieder zurück nach Santa Marta.

Jede Grossstadt hat ihren eigenen Reiz. Jener von Medellin besteht darin, dass die ursprüngliche Stadt, heute mit 3 Mio Einwohner in einem Tal eingebettet ist und das Wachstum nur über die seitlichen Hänge der beiden Talseiten möglich war. Der Hauptstrang der Metro verläuft im Talboden und seitlich gehen „Metro cable“ als Seilbahnen die Berghänge hoch. Eine dieser Seilbahnen fährt noch weiter zu einem Hochplateau, zum bekannten Naturschutzgebiet „Parque arvi“, wo man bei geführten Wanderungen die vielfälltige Flora und Fauna bestaunen und erleben kann.

Fünf Stunden fahrt mit dem Bus von Medellin nach Jardin und man ist wieder in einer anderen Welt. Ein kleiner, farbenprächtiger Ort mit einer übergrossen Kathedrale, umgeben von Urwald, Kaffee- und Cacaoplantagen. Viele Männer stolzieren mit Lederstiefeln, Jeans, Poncho und Sombreros wie Gauchos durch die Strassen und jedes Haus hat eine ander Form und Farbe. Auch hier unternahm ich eine organisierte Tagestour per Jeep in die Urwald Bergwelt Kolumbiens. Eine einstündige Holperfahrt durch Urwald, vorbei an steilen Abhängen mit Sicht auf grüne Seitentäler mit Kaffee- und Cacaoplantagen, und einem abenteuerlichen einstündigen Fussweg durch den Urwald, brachte uns zu einem wunderschönen Wasserfall in einer riesigen Höhle, der „cueva del Esplendor“. Ein Vorteil des Einzelreisens liegt darin, dass man öfters interessante Gespräche und Kontakte zu anderen Menschen der Reisegruppe findet. Da gibt es selten sprachliche, farbliche, religiöse oder kulturelle Barrieren. Da das Städtchen Jardin komplett ausgebucht war und ich noch einenTag länger bleiben wollte, wurde mir eine Finka weit ausserhalb Jardins vermittelt. Per Drei-Rädrigem Tuc-tuc wurde ich dahingebracht. Es erwartete mich eine wunderschöne Finka mit einer kleinen Kaffe- und Cacaoplantage und einer ganz herzlichen Familie Osario. Es bereitete mir echt Mühe, am nächsten Morgen bereits wieder Abschied nehmen zu müssen.

Ich bin ein Vagabund und so ging meine Reise per Bus zurück nach Medellin und weiter per Flugzeug nach Cartagena, die Touristenstadt am karibischen Meer. Das Erste, was ich in einer mir unbekannten Stadt jeweils unternehme, ist die City Tour „hop on – hop off“. So lernt man die Stadt im Überblick kennen und kann dann seine Prioritäten betreffen weiterer Excursionen planen. Cartagena hat eine sehr schöne Innenstadt, die zum Bummeln einlädt. Allerdings sollte man dies erst nach der Siesta tun, denn es ist sehr, sehr heiss um die Mittagszeit. Am Abend flanieren tausende von Touristen durch die Altstadt, inklusive Pferdekutschen, usw., na ja. Essen kann man aber sehr gut in gemütlichen Restaurants mit einem internationalen und lokalen Angebot. Ich hatte das bisher beste Osso Bucco mit Polenta in Cartagena!

Noch eine Busfahrt von sechs Stunden und ich war wieder zu Hause in Santa Marta auf meiner „Anita“ und brauchte Tage um meine vergangenen Erlebnisse zu verarbeiten. Ich schreibe oft meiner Tochter Anita und wiedehole mich immer wieder mit der Aussage – dass ich all dies noch erleben darf!

Ganz grundsätzlich zu Kolumbienreisen. Das Land ist für Reisende sicher. Die Menschen sind überaus freundlich und hilfsbereit. Natur und Topographie sind unbeschreiblich. Die Lebenskosten sind für uns Europäer extrem niedrig. Taxifahren kostet fast nichts. Einstündige Städteflüge erhält man für 50 Euro. Mit dem Bus kommt man für ganz wenig Geld überall hin. Man braucht einfach viel Zeit, den es geht immer über Hügel und Pässe und weitere Hügel und Pässe, usw. Ausser Spanisch wird nur in den Touristenzentren english gesprochen. Verständigen kann man sich aber immer irgendwie. Reisende aus dem Schengenraum benötigen lediglich einen gültigen Reisepass.

Meine Erlebnisse in Kolumbien waren überwältigend – nun folgt die nächste Etappe Richtung Panama, aber diese liegt noch in der Zukunft.

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