Logbuch

29.06.2016
17:39

Frühling 2016 - Südtürkei zu den Balearen

Etwas wehmütig habe ich Mitte April die wunderschöne Marina in Marmaris zum letzten Mal verlassen. Es hiess Abschied nehmen von diesem herrlichen Segelrevier, welches ich nun eineinhalb Jahre erkundet habe und es hiess auch Abschied nehmen von neuen Bekanntschaften und Freundschaften die ich hier geschlossen habe.  Die Südtürkei ist für Segler, ob nun für kurze oder längere Aufenthalte, absolut empfehlenswert. Schade, dass die politische Lage nicht nur bei Einheimischen, sondern auch bei Touristen Unsicherheit ausgelöst hat, obwohl man in dieser Region gar nichts von den politischen Veränderungen spüren konnte. Das Ausklarieren ging mit Hilfe meiner Agentin (sowas braucht es für alle amtlichen Handlungen) problemlos.

Da ich die Griechischen Inseln (Kykladen) bereits in den Vorjahren mehrmals besegelt habe, war die Durchquerung der Ägäis zum südlichsten Punkt des Peloponnes ohne längere Aufenthalte geplant. Auf der Insel Symi, lediglich 6 Seemeilen von der Türkischen Küste entfernt, habe ich in den Schengenraum einklariert. Damit war ich wieder in Europa. Diese Prozedur hat - auch wieder mit einem Agenten - einen ganzen Tag gedauert und auch einiges gekostet (140 Euro), wobei mehr als die Hälfte davon dem Agenten zukam. Dafür nutzte ich die Gelegenheit noch einmal eine der schönsten Buchten der Kykladen zu besuchen, die vollkommen geschützte Naturbucht des berühmten Klosters Pandormitis, im Südwesten der Insel Symi. Dort hatte ich eine nette Schweizer Segler Familie kennengelernt die ebenfalls vor Anker lag - mit Einladung zum Nachtessen. Dabei haben die beiden Schweizer Nationalflaggen die zur Zeit noch unberührte Bucht eindeutig dominiert. Die Inseln Astipalaya, Ios und Milos waren die weiteren Etappenziele bis zur Südspitze des Peloponnes. Sehr fotogen und geschichtlich interessant fand ich dort die Felseninsel Monemvasia, mit dem gleichnamigen antiken Städtchen, wo ich einen Starkwindtag in einer nahe gelegenen, geschützten Bucht vor Anker abwettern konnte. Die fast 2‘000 Jahre alte Siedlung am Fels galt durch all die Jahrhunderte als uneinnehmbar. Viele Bauten wurden restauriert und heute ist das Städtchen ein Touristenmagnet. 

Meinen ursprünglichen Plan, das Ionische Meer vom Südpeloponnes zur Südwestküste Siziliens zu durchqueren, habe ich aus Sicherheitsgründen wegen der wieder vermehrt gesichteten Schlepperboote, geändert.  Ich bin dann am westlichen Peloponnes hochgesegelt bis nach Argostolion zur Insel Kefalonia, die am Eingang zum Golf von Korinth liegt. Dies war dann der Ausgangspunkt für die Übersegelung zur Strasse von Messina, bei Sizilien. Durch diesen sicheren Umweg ergab sich dafür ein Besuch des Antiken Olympia, welches von der Hafenstadt Katakolon per Strassenbahn in einem abwechslungsreichen Tagesausflug erreichbar war. 

Die Durchquerung des Ionischen Meeres (270 Seemeilen) war wegen Starkwind recht anstrengend. Zwei Beaufort mehr als vorhergesagt, haben meine Kräfte und Ausdauer ziemlich beansprucht. Dafür  ging es flott voran. Nicht einmal ganz zwei Tage und zwei Nächte hat die Reise gedauert. Selbst für drei Jungmöven, die sich einige Stunden an Deck für den Weiterflug ausgeruht hatten, war die Überquerung scheinbar auch nicht ganz so unanstrengend. Mein Schiff „Anita“ hat sich sehr gut gehalten. Auf die Windmessanlage musste ich in der zweiten Hälfte der Fahrt verzichten, da das Anemometer buchstäblich davon geflogen ist. Dies wird bis zur Montage eines Ersatzes in den Balearen auch so bleiben. Die „scheinbare“ Windrichtung wird aber angezeigt, womit ich glücklicherweise den Autopiloten nach „Windfixierung“ weiterhin benutzen konnte.  

Die Strasse von Messina ist seglerisch eine Herausforderung und trotzdem faszinierend. Einerseits gibt es massenhaft Schiffsverkehr mit Frachtern und Tankern in der Transitrichtung und andererseits sind da Dutzende von Fähren, die Sizilien mit dem Festland verkehrstechnisch verbinden. Ob dies nicht schon Anforderung genug wäre, kommt noch eine Strömung bis zu 3 Knoten (Richtung und Stärke je nach Tageszeit) hinzu. Ein Erlebnis sondergleichen!

Gemäss Törnplan 2016 war für die Überquerung des Thyrrenischen Meeres von Palermo nach Cagliari auf Sardinien eine Mitseglerin angemeldet, die aber aus gesundheitlichen Gründen leider absagen musste. Somit war ich terminlich frei und konnte meine weiteren Abenteuer zeitlich selber bestimmen. Die Äolischen Inseln hatten mir vor zwei Jahren so gut gefallen, dass sich ein Abstecher zu diesen Vulkaninseln ohne grossen Umweg geradezu aufgedrängt hat. Es wurden viele Erinnerungen wach an die verschiedenen Törns vor zwei Jahren mit Freunden und Bekannten. Allerdings war es Anfang Mai auch in diesen südlichen Gefilden noch recht kühl.  Mitte Mai, höchste Zeit sich auf den Sprung von Sizilien nach Sardinien aufzumachen. Um den westlichsten Zipfel von Sizilien zu erreichen ging es über Céfalu, und Palermo zum Capo „San Vito“. Nach Wind- und Wettervorhersage sollte es eine ruhige und erholsame Überfahrt mit rund 170 Seemeilen werden. Diesmal war es auch so. Ein herrliches Sonntagssegeln bei Tag und beinahe Vollmond bei Nacht. Längere Zeit wurde ich auch wieder von einer Delphin Gruppe begleitet, die sich meinen Bug als Spielgenosse ausgesucht hatten. Einige Delphine trugen etwa 50 cm lange Fische an ihren Körpern. Nach Auskunft von Ocean Care handelte es sich dabei um so genannte Schiffshalter, die sich an den Delphinen festgesaugt haben. Es handelt sich dabei um makrelenartige Fische, die mit einer Saugplatte am Mund versehen sind und sich so an grösseren Tieren festhaften und mitreisen können. Sie scheinen keinen Schaden beim "Wirt" anzurichten und befreien ihn sogar von Parasiten. Bei den letzten 30 Seemeilen vor Cagliari wurde mir der Wind versagt und der „Gockel“ wie die Norddeutschen Segler den Schiffsmotor nennen, musste 5 volle Stunden hart arbeiten. Mit einem Vorteil, die Batterien voll und die Frischwassertanks über die Entsalzungsanlage bis zum Rand gefüllt! 

Südsardinien war eine neue Erfahrung für mich. Die vielen kleineren und grösseren Buchten mit weissen, unberührten Sandstränden waren bezaubernd. Allerdings dürften die Strände und Buchten während der Hochsaison von Badegästen und Ankerliegenden Yachten gut, bis sehr gut belegt sein.  Carloforte, die südwestlichste Kleininsel von Sardinien, war für mich Vorbereitungs-Destination für die Übersegelung zu den Balearen. Ein ganz hübsches Städtchen mit engen Gassen, hübschen Häusern und vielen kleinen Restaurants und Bars. In der Marina Sifredi konnte ich „Anita“ endlich wieder einmal eine Süsswasserreinigung gönnen und auch jeglichen Flugrost mit Politur von sämtlichen Edelstahlteilen (meinem Tafelsilber) entfernen.

Ende Mai hiess es dann Leinen los für die letzte Etappe zu meinem Zwischenziel Balearen. Ziemlich genau zwei Tage und zwei Nächte dauerte die Fahrt mit unterschiedlichen Windstärken - und Richtungen bis ich in Mahon, der Hauptstadt von Menorca vor Anker ging. Schön, wieder einmal in den Balearen zu weilen, die Spanische Mentalität, das gute Essen und den köstlichen Rioja zu geniessen. Geplant ist nun noch eine Umrundung Mallorcas und ein Gästetörn mitz Freunden, bis ich dann Anfang Juli das Schiff für einige Tage in der Marina Club de Mar in Palma festmachen werde und eine Woche in die Schweiz zu Familie und Freunden reisen werde.

 

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30.03.2016
00:57

Frühling 2016 - Vorbereitung zur Mittelmeerdurchquerung

Na ja, eigentlich gibt es nicht viel vorzubereiten; das Meer ist da, das Schiff ist da, Wind und Wetter sind da und der Skipper kann’s auch nicht mehr erwarten. Ich bin bereits seit Mitte Februar 2016 wieder auf dem Schiff und hatte schon Zeit mich etwas vorzubereiten. Immerhin liegen 3‘000 Seemeilen bis zu den Kanarischen Inseln vor mir und dann Ende Jahr nochmals 3‘000 Seemeilen über den Atlantik in die Karibik. Trotzdem waren die vergangenen zwei Monate nicht zu vergleichen mit dem Vorjahr, was die Arbeit am Schiff anbelangt. „Anita“ durfte im Wasser bleiben, weil ich im Vorjahr im Trockendock mit sehr viel Mühe und Arbeit eine spezielle Unterwasserbeschichtung (SeaJet 39 Platinum) aufgetragen habe, welche mindestens zwei bis drei Jahre halten soll. Im Moment, also nach einem Nutzungsjahr sieht das Unterwasserschiff wirklich immer noch wie frisch gestrichen aus.

Somit hatte ich die Gelegenheit mehrere Frühlingstörns in der Region Südtürkei, die ich in der Zwischenzeit nun doch ziemlich gut kenne, zu absolvieren. Einige markante Unterschiede gibt es in Bezug auf die Jahreszeit. Als Segler ist man alleine unterwegs und kann sich die schönsten Ankerplätze aussuchen. Und wenn dann mal eine Begegnung mit einer Segelyacht stattfindet, dazu noch unter Schweizer Flagge, dann sind mehrere Besuche angesagt, denn es gibt viel zu erfahren und zu berichten. Die Lufttemperaturen schwanken hier im Frühling je nach Wetterlage zwischen 5 und 25 Grad Celsius. Die Wassertemperatur ist allerdings konstant bei rund 18 Grad C. Die Wetterlagen erfordern im Gegensatz zum Sommer eine gute Törn Vorbereitung, denn gegen die Südost Winterstürme mit Böen bis zu 70 Knoten ist unmöglich anzukommen. Eindrücklich ist auch der Ausblick beim Schwimmen im Meer auf die schneebedeckten Berge am Horizont. Auch der Kontakt zu Einheimischen ist tiefgründiger, denn es fehlt die Hektik der Hochsaison – man hat Zeit sich kennenzulernen und auszutauschen.

Nachdem nun die beiden Zwillings Laptops mit viel Aufwand und Hilfe wieder von Windows 10 auf das bewährte Windows 7 umgestellt sind (ich weiss nun was Blue Screens sind und vor allem was sie bedeuten!) und auch das neue Ersatz Bimini/Sprayhood für die Zeit in der Karibik, angefertigt und geliefert sind, steht nur noch der Grosseinkauf für die Etappe Türkei – Griechenland – Sizilien, bevor.

Und dann… ausklarieren und Leinen los.  

 

19.12.2015
00:00

Südtürkei - Sommer, Herbst 2015

Am 30. November sind meine letzten Gäste dieser Saison von Bord gegangen und in die winterliche Schweiz zurückgekehrt. Hier in der Südtürkei konnten wir noch spätsommerliches Wetter geniessen bei über 20 Grad Tagestemperaturen und 22 Grad Wassertemperatur. Der Jahreszeitenwechsel war aber auch hier zu spüren. So hatten wir doch schon einige Regentage, weniger Wind und vor allem kürzere Tage. Die Extreme zwischen Sommer und Winter sind hier ganz ausserordentlich. Angefangen vom stetigen und zuverlässigen Sommerwind (Meltemi) mit 15 – 25 Knoten Wind zu den windarmen Winterflauten, die allerdings unterbrochen werden durch mehrtätige starke Südoststürme mit Gewitter, Hagel und viel Regen. Ganz extrem sind die Temperaturunterschiede. Sind Tagestemperaturen im Sommer von über 40 Grad normal, kühlt es im Winter dann aber auf 10 bis 15 Grad ab und nachts kann es schon mal einige Grade unter null werden. Die Wassertemperatur bleibt aber auch im Winter mit etwa 18 Grad relativ hoch. Das Meer ist ein riesiger Wärmespeicher womit baden in der Adventszeit bei 20 Grad für mich zum Alltag gehört. Auch die Veränderung des Sonnenverlaufes ist erstaunlich. Geht im Hochsommer die Sonne gegen 21 Uhr unter, verschwindet sie im Dezember bereits um 16 Uhr 30 am Horizont. Dazu trägt natürlich auch die Sommer/Winterzeit bei.

Dieses Jahr waren fast 40 Personen aus meinem Verwandten, Bekannten und Freundeskreis zu Besuch für ein- bis zweiwöchige Segeltörns und ausnahmslos alle waren begeistert von den landschaftlichen Reizen dieser Region, den zuvorkommenden, freundlichen und offenen Menschen sowie dem ausgezeichneten kulinarischen Angebot der mediterranen Küche. Ich persönlich bin beeindruckt von der Ehrlichkeit, Hilfsbereitschaft und Offenheit der einheimischen Bevölkerung in der Südtürkei. Die religiöse Toleranz zwischen Muslime und der grossen Anzahl von „andersgläubigen“ Gästen und Touristen ist wirklich erwähnenswert. Schade, dass es nicht überall auf der Welt so sein kann.

Schwarze Schafe gibt es aber auch hier. Einem solchen sind wir Ende November auf einem Törn im Golf von Fethiye begegnet. Als wir von einem Landgang per Beiboot zum vor Anker liegenden Schiff zurückgekommen sind mussten wir feststellen, dass jemand über eine verschlossene, aber nicht verriegelte Dachluke eingestiegen war. Durch die nassen Schuhabdrücke auf Tisch, Polster und Boden war dies sofort erkennbar. Was wurde aber gestohlen? Die Bordkasse lag noch da, auch sämtliche Fotoapparate, Handys, Wertsachen und Schiffsdokumente. Nach eingehender Prüfung war das Diebesgut schlussendlich eine Flasche Whisky und ein billiges Fernglas – allerdings und das lässt tief blicken, der Motor hatte Betriebstemperatur und die drahtlose Ankerbedienung lag im Cockpit. Es schien nun offensichtlich, dass die ganze Yacht gestohlen werden sollte, der oder die Diebe aber mit der drahtlosen Ankerfernbedienung (Kombigerät für Bugstrahlruder und Anker) nicht klargekommen sind und durch unser Erscheinen (zwar noch in grösserer Entfernung), schlussendlich aber davon abgehalten wurden. Riiiiiiiesen Glück gehabt also!

Mit meiner ´Anita´ bin ich nach nun drei Jahren und rund 12‘000 Seemeilen rundum zufrieden. Rumpf, Rigg und Segel machen immer noch einen neuwertigen Eindruck. Die Gewährleistung musste ich für mein Garmin Radargerät, welches bereits nach zwei Jahren den Dienst verweigert hat, in Anspruch nehmen. Offen ist noch eine zweite Gewährleistung, welche im Sommer 2016 in Palma durch Wolz Nautik zu erbringen ist. Wegen einer schadhaften Fugenmasse von SIKA, muss das ganze Teak in Cockpit und Badeplattform ersetzt werden. Ich kann mich also nicht beklagen, was allerdings auch nicht heisst,  dass die Investitions- und Unterhaltskosten zu vernachlässigen sind. Einerseits habe ich wegen schlechter Evaluation bereits mein ursprüngliches Beiboot (Honwave) durch ein AB Aluboot mit Neoprenschläuchen ausgetauscht und den 5PS „Hondastotteri“ durch eine modernere Motorengeneration, den Honda 8 PS ersetzt. Erstaunlich, aber vielleicht begründbar ist der notwendig gewordene Austausch der vier 150 Amp/h Bordbatterien. Dies bereits nach knapp drei Jahren. Spezialisten gehen davon aus, dass meine Nespresso 230 V Kaffeemaschine über den Konverter die Batterien zu stark belastet haben. Dabei geht es nicht um die Kapazität der Batterien, sondern um den plötzlichen Energiebezug. Richtig ist, dass bei Betrieb der Kaffeemaschine 140 Amp/h (!) bei 12 Volt fliessen. Zum Vergleich, die Ankerwinsch benötigt lediglich maximal 80 Amp/h. Man stelle sich nun vor, wieviel Energie bei einem genüsslichen Frühstück mit fünf männlichen oder weiblichen Kaffeetanten kurzfristig den Batterien entzogen wird. Die Lehren daraus, Nespresso Kaffee gibt es nur noch am Steg bei 230 V Stromanschluss, basta. Diese Ersatzinvestitionen haben sich immerhin auf rund 12‘000 Franken belaufen.

´Anita´ bleibt nun über Winter im Wasser, da der spezielle Unterwasseranstrich (SeaJet Platinum), den ich im Frühjahr mühsam und eigenhändig aufgetragen habe, mindestens zwei Jahre halten soll. Dies scheint auch tatsächlich der Fall zu sein, denn das Unterwasserschiff ist nach einer Segelsaison wirklich noch absolut frei von Bewuchs.

Bald geht es für mich für ein paar Wochen zurück in die Schweiz. Ich freue mich riesig auf die Familie meiner Tochter Anita mit den beiden Enkelkindern Nina und Dario. Ich habe schon einige Termine als Hütedienst in meinem Kalender eingetragen. Ich benötige aber auch Zeit, die Segelsaison 2016 vorzubereiten. Es wird ein ereignisreiches Jahr werden. Immerhin liegt die Durchquerung des Mittelmeeres vor mir, dann die Übersegelung zu den Kanaren und im Dezember schlussendlich die Atlantiküberquerung von Las Palmas nach St. Lucia.

All meinen Freunden und Sympathisanten von ´Anita´ wünsche ich eine schöne Adventszeit und einen guten Rutsch in das kommende Jahr.     

10.06.2015
05:37

Südtürkei - Frühling, Frühsommer 2015

Ich zitiere ein Whatsapp meiner Tochter Anita: „So Daddy, fertig mit dolche far niente. Es ist bald Sommer und dein Logbuch auf der Website befasst sich immer noch mit Weihnachten und Neujahr 2014“.

O.K., dann mal in die Tasten.

Da ich Anfang 2015 nur fünf Wochen in der Schweiz war, habe ich auch nur fünf Kilo zugenommen. Es war ein kurzweiliger Aufenthalt in Europa mit Taufe von meinem zweiten Enkel Dario, vielen Besuchen bei Freunden und Bekannten, einer „Kulturreise“ (Schlemmerfahrt) mit Bahn und Post nach Domodossola mit meiner verschworenen RHB-Lokführercrew, ein Besuch in Berlin und Düsseldorf (Bootsausstellung) und zu guter Letzt einem kurzen Spitalaufenthalt in Chur um einen Leistenbruch zu schliessen.

Mitte Februar, war ich dann schon wieder in Marmaris. Von Frühling war da noch gar nichts zu spüren und ohne Heizung wäre ein Aufenthalt auf meiner ‚Anita’ ziemlich verfroren gewesen. Das Schiff stand ja seit Beginn des Jahres im Werftareal der Marina, da nach zweijähriger Kreuzfahrt im Mittelmeer eine Unterwasserbehandlung (Antifouling) notwendig wurde. Diese Arbeit wollte ich für einmal selber ausführen, um den Aufwand abzuschätzen und qualitativ gute Arbeit zu leisten. Bei diesem recht anstrengenden Job gingen dann auch die fünf Kilo Übergewicht in Kürze verloren. Da ein Teil des Rumpfes mit Seepocken befallen war, musste ich grössere Flächen bis auf den Grund abschleifen und neu mit Primer versehen. Die Seepocken haben ja die schlechte Eigenschaft, dass sie ein Hormon freigeben und damit weitere Artgenossen herzlich zum Verbleiben einladen. Dieses Hormon kann nicht oberflächlich entfernt werden – schleifen, schleifen, schleifen. Anschliessend waren dann drei Antifouling Anstriche aufzutragen und einen verbesserten Ankerschutz am Bug zu montieren. Beinahe ein Monat hat es gedauert, bis meine ‚Anita’ wieder rundum wie neu erstrahlte. Anfang März wurde die Yacht dann wieder zu Wasser gelassen und die Segel, welche beim Hersteller in der Winterüberholung waren, wieder angeschlagen. Vom Sturm auf Sizilien waren einige kleinere Schäden zu beheben und zwei gebrochene Segellatten zu ersetzen. In der Zwischenzeit wurde es dann auch wärmer und zunehmend frühlingshaft.

In Bezug auf das Segeln, war der Monat März auch in der Südtürkei noch nicht optimal. So regnete es noch fast jeden zweiten Tag, begleitet von Gewittern mit Hagelschlag und die sturmartigen Südostwinde liessen nur langsam nach. Auch waren die Tage vor der Sommerzeitumstellung noch recht kurz. Zeit also, die in Mitleidenschaft gezogene Treppe am Niedergang zu schleifen und neu zu lackieren, das Deck zu reinigen und zu polieren und unter Deck den „Frühlingsputz“ anzugehen.

Ende März wagte ich dann die ersten Kurztörns von Marmaris aus. Es war herrlich wieder frei zu sein, zu segeln, das offene Meer, den Wind und die Wellen zu spüren und nachts in einsamen Buchten zu ankern – ich liebe ‚Anita‘.

Am 1. April habe ich den ersten Sprung in’s Wasser gewagt und weil dies nach einem Aprilscherz aussehen könnte, bin ich auch in den Folgetagen regelmässig schwimmen gegangen – 18 Grad, gefühlte 15 (!) und im Hintergrund noch schneebedeckte Berge. Diese Einsamkeit lockte scheinbar auch seltene Meeresbewohner in die Buchten. So konnte ich Riesenschildkröten beobachten und im Golf von Göcek hat mich ein über zwei Meter langer Blauflossen-Thunfisch mehr als eine Viertelstunde im Kielwasser der ‚Anita‘ begleitet. Diese Art (König der Thunfische in Grösse und Gewicht) ist vom Aussterben bedroht und wie mir Oceancare mitteilte eine absolute Rarität im Mittelmeer.

Da die ersten Gäste Ende Mai eingeschrieben waren (mein Sohn Andrea mit Partnerin und einem Freund), hatte ich Zeit das Törngebiet 2015 ausgiebig zu erkunden. Im Südosten bis etwa Fethye und im Nordwesten bis Bodrum. Dieses Gebiet umfasst mehrere kleinere und grössere „Golfe“ wie den Golf von Fethye und Göcek, den Golf von Yesilova und jenen von Gökova. Diese bis zu 30 Seemeilen tiefen Einschnitte in den südtürkischen Küstenverlauf sind seglerisch, landschaftlich, kulturell und kulinarisch sehr reizvoll. Seglerisch deshalb, weil die vielen kleineren und grösseren Inseln und Einschnitte auch bei Starkwind eine hohe Wellenbildung verhindern. Landschaftlich deshalb, weil die unzähligen Buchten und kleinen Fjorde umrahmt sind von üppigen Pinienwäldern und Olivenhainen die bis ans Wasser reichen. Kulturell deshalb, weil diese Region übersäht ist von baulichen Zeitzeugen der griechischen und römischen Herrschaft des Altertums. Kulinarisch deshalb, weil die vielen kleinen und einfachen Restaurants in den Buchten lokalen Fisch und türkische Spezialitäten in hoher Qualität und immer noch zu vergleichsweise sehr günstigen Preisen anbieten. Allerdings sollte man sich jeweils nach dem Preis erkundigen. Normalerweise kostet ein Fischmenü mit Beilagen, Wasser und einem Glas Rotwein zwischen 12 und 15 Euro – inklusive zuvorkommende und überfreundliche Bedienung. Ganz grundsätzlich sind die Menschen hier in der Südtürkei offen, liebenswürdig, ehrlich und sehr hilfsbereit.

Anfang Juni gab es noch einen zweiwöchigen Abstecher rund 250 Seemeilen Richtung Istanbul nach Cesme in die Marina Alacati zu einem Vertreter meiner Bootsmarke. In Garantie sollte das ganze Teak im Cockpit und der Badeplattform ausgewechselt werden. Das Fugenmaterial von SIKA stammte aus einer nicht konformen Produktioncharge und fing bei hohen Temperaturen an zu verlaufen und zu schmieren. Leider war der längere und strapaziöse Törn gegen den Meltemi nicht von Erfolg gekrönt. Die Lieferung des Materials blieb stecken und damit auch die geplante Reparatur. Diese wird zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen, womöglich erst im nächsten Jahr in den Balearen. Trotzdem hat sich die Fahrt gelohnt. Dieser Küstenteil nördlich von Bodrum ist weniger besegelt und doch landschaftlich ausgesprochen schön. Es gibt zwar einige moderne Marinas wie Turgutreis, Kusadasi und Didim, viel zahlreicher sind jedoch die einsamen und landschaftlich reizvollen Buchten. Hier zieht der nordwestliche Wind (Meltemi) den ganzen Sommer stabil durch. Achterliche Winde und genau das Richtige für meinen Spinacker (Parasailor) um wieder nach Marmaris zurückzukehen. Herrlich, mit 8 Knoten Fahrt vor dem Wind zu segeln - nicht einmal fliegen ist schöner. 

Im Frühling und Frühsommer kann man seglerisch in der Südtürkei noch Einsamkeit und Natur pur geniessen. Die hunderte von Güllets (2-Mastsegler für All-inklusive Bootsferien) stehen noch an Land zur Winterüberholung und die Charterbasen sind noch nicht belebt. Auch die vielen Discos und Bars in den Städten und Hotels sind sich noch zögerlich am Einlaufen. Die Saison beginnt Mitte Mai und dauert bis Mitte November. Hoch zu und her geht es zu Wasser und zu Land von Juli bis September. Ab Mitte Mai bis Oktober regnet es ganz selten. Ab und zu ein kühlendes Gewitter über Land vielleicht. Die Lufttemperaturen sind im Sommer hoch bis sehr hoch, wo gegen die Wassertemperaturen erst in der zweiten Jahreshälfte 25 – 27 Grad erreichen. Dafür kann man noch an Weihnachten bei 21 Grad Wassertemperatur baden. Die allgemeine Windrichtung während der Segelsaison ist Nordwest- bis Westwind (Meltemi) der im Laufe des Tages 4-6 Beaufort erreicht und abends normalerweise wieder einschläft. Die Sturmgefahr ist verhältnismässig gering. Achten muss man allerdings auf die Fallböen, die auch in relativ geschützten Ankerplatzen von den Berghängen einfallen können. Sehr oft wird deshalb in dieser Region nicht freischwojend geankert sondern mit Anker und Heckleine zum Land. Dies hat auch den Vorteil, dass sich in der Hochsaison mehrere Yachten auch in kleineren Buchten vertäuen können. Diese Region ist dermassen abwechslungsreich und traumhaft, dass sich auch ein Seglernomade wie ich es bin, ohne weiteres eine ganze Saison hier aufhalten kann.

Die Kojen von 'Anita' sind jedenfalls ab Ende Juni bis Ende November 2015 ausgebucht. Ich freue mich auf die vielen Besuche.

 

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09.12.2014
18:06

Ostia (Rom) - Sizilien - Griechenland - Südtürkei

Inselhüpfen von Ostia nach Sizilien, so sind mir die ersten beiden Augustwochen vorgekommen. Da ich während der Hochsaison das „Ankerliegen“ den meist überfüllten, von lautstarken Diskotheken umrahmten und oft überteuerten Marinas bevorzuge, waren mir die verstreuten Inseln mit all ihren unterschiedlichen natürlichen Reizen und den vielen sicheren Buchten sehr willkommen. Ein weiterer, nicht zu unterschätzender Vorteil bieten fast alle Inseln, indem sie von Natur aus eine Lee- und eine Luvseite vorzuweisen haben. Je nach Wind- und Wetterlage kann man für sicheres und ruhiges Übernachten einfach die windgeschützte Seite einer Insel aufsuchen. Natürlich wissen das alle Segler und so kann es vorkommen, dass Buchten ab und zu gut, bis sehr gut besetzt sind.

Die erste Inselgruppe auf meiner Fahrt Richtung Sizilien waren die Pontinischen Inseln mit der Hauptinsel Isola di Ponza. Mein lieber Freund Gert aus München hat mir einmal gesagt, „Wenn man italienische Gewässer besegelt hat und die Isola di Ponza nicht angelaufen hat, war man nicht wirklich in Italien“. Insbesondere das kleine gleichnamige Städtchen, welches sich malerisch in eine wunderschöne Bucht mit einzelnen aufragenden Felsformationen einschmiegt ist einzigartig und bietet Fotosujets bis der Chip voll oder die Batterie leer ist. Sogar an die Guardia finanza, die mich in einer Bucht eingehend überprüft hat, habe ich gute Erinnerungen, denn es waren allesamt freundliche und zuvorkommende Beamte.

Die anschliessende napolitanische Inselgruppe mit Ischia und Capri ist nicht weiter vorzustellen, denn diese Inseln haben schon längst durch Bücher, Filme und Schlager Weltberühmtheit erlangt. Durch die meist steil abfallenden Hänge ist das Ankern allerdings nur an wenigen Stellen möglich und auch in diesen Fällen muss sehr viel Kette gesteckt werden um sicher liegen zu können. Es gibt zwar einige sichere Häfen, diese sind aber während der Sommerzeit meist voll belegt.

Bevor ich Richtung Süden zu den Liparischen Inseln aufbrach, machte ich noch einen kurzen Abstecher zum Golf von Salerno mit der landschaftlich beeindruckenden Amalfiküste. Von den an die Berghänge „geklebten“ reizvollen kleinen Städtchen hat mich Positano am meisten beeindruckt. Nachdem ich mich für meinen grösseren Schlag zu den Liparischen Inseln mit Lebensmittel und gutem italienischem Wein eingedeckt hatte, wollte ich in einer hübschen Bucht bei Ogliastro auf eine gute Gelegenheit für die Überfahrt nach Sizilien warten. Die Gelegenheit kam bereits Stunden später. Nach einem ausführlichen Abendessen an Deck, bei aufgehendem Vollmond, sommerlichen Temperaturen und einer leichten Brise aus Südwest entschloss ich mich, umgehend Richtung Sizilien aufzubrechen. Ich hatte ja 120 Seemeilen Zeit den Abwasch noch zu machen und wegen des Schlafs musste ich mir keine Sorgen machen. Auf Überfahrten hat man immer mal Zeit stundenweise zu schlafen. Es war eine herrliche Überfahrt, die ich nie mehr vergessen werde.

Die Ankunft bei den Liparischen Inseln war gelinde gesagt spektakulär. Stromboli ist die nördlichste Vulkaninsel der Eolischen (Liparischen) Inselgruppe, und somit mein erstes Etappenziel. Und siehe da, pünktlich zu meiner Ankunftszeit legte doch dieser Vulkan los, dass mir Hören und Staunen verging. Es war ein überwältigendes Erlebnis, solch ein Naturereignis ohne Vorankündigung miterleben zu können. Die Welt hat es aus der Zeitung erfahren – ich war dabei! Natürlich war ich dann auch dankbar, dass sich der Vulkan „anständig“ benommen hat, denn mehr kann dann schnell einmal zu viel sein. Die gesamte Eolische Inselgruppe ist ein fantastisches Segelrevier und eignet sich auf Grund der relativ kurzen Tagesdistanzen, den schönen Buchten, den hübschen Städtchen, den vielen gemütlichen Restaurants mit Eolischen Spezialitäten ausgezeichnet für Segeltörns. Meine Besucher und Gäste haben es auf jeden Fall sehr genossen. Aber auch hier gilt, sehr viel Ankerkette dabei zu haben, denn der vulkanische Küstenverlauf ist auch bei diesen Inseln sehr steil abfallend.

Während der Sommermonate ist es in dieser Region sehr sonnig und trocken aber auch relativ wind arm. Thermische Tageswinde gehen da nicht über 10 – 12 Knoten. Allerdings kann es auch hier zu plötzlichen Wetterkapriolen kommen. Ich habe dies erlebt, als ich (zum Glück) ohne Gäste von Milazzo in westlicher Richtung nach Cefalu unterwegs war. Der Wetterbericht hatte zwar entlang der nordsizilianischen Küste stürmische Winde für den Abend und die folgenden Tage angekündigt, nur hatte sich das Ganze um mehr als einen halben Tag vorverschoben. Mit Gegenwind von 40 Knoten in den Böen, nahe unter Land, war mit Segeln trotz Vollreffs nicht mehr voran zu kommen. Da nur noch 12 Seemeilen bis Cefalu anstanden, entschied ich mich unter Motor mein Ziel doch noch zu erreichen. Eine Fehlentscheidung, wie sich im Nachhinein herausstellte. Für die 12 Seemeilen benötigte ich bei Sturmwinden und hohem Seegang mehr als 5 grässliche Stunden um in Dunkelheit im schlecht geschützten Hafen von Cefalu einzutreffen. Ohne Hilfe Dritter hätte ich den Hafen wieder verlassen müssen. Der Schwell im Hafen war dermassen stark, dass trotz 2 Moorings und 4 Heckleinen beide Heckklampen-Lippen ausrissen und die Heckleuchte abgerissen wurde. Die Bootsbewegungen waren unglaublich, sodass es für mich unmöglich war via Gangway an das Pier zu gelangen. Ich war vorerst einmal froh, einigermassen Ruhe zu finden und wollte anderntags dann mit dem Beiboot an Land paddeln. Auch dies ging dann zünftig in die Hose, indem mein Beiboot allein vom Schwell im Hafen kenterte, einschliesslich meiner Wenigkeit, versteht sich. Die beiden Paddel waren danach klappbar, allerdings auch nicht mehr zu gebrauchen. Tage danach haben sich noch einige weitere „Sturmschäden“ gezeigt. Durch das tiefe Eintauchen des Bugs während des Sturms, hat sich der Ankerkasten nicht mehr selbstentleeren können. Dadurch konnte eine geringe Menge Salzwasser durch die Reinigungsöffnung der Bug-Schottwand in das Bootsinnere gelangen und die im Bugbereich platzieren elektronischen Gerätekomponenten angreifen. Fazit: Bugstrahlruder und Ankerwinsch ausser Funktion wegen korrodierter Relaiskontakte. Zwei wichtige Dinge habe ich aus diesem Sturmerlebnis gelernt. Interpretiere Schlechtwetterberichte (auch wenn sie heutzutage noch so genau sind) mit einer grosszügigen zeitlichen Sicherheitstoleranz und noch wichtiger, beim erstmaligen Gedanken besser umzudrehen und vor dem Sturm abzulaufen – tu es!

Mit meiner letzten Sizilien-Crew ging es von den Eolischen Inseln zurück bis nach Catania, da dies mein Absprunghafen nach Griechenland sein sollte. Die Strasse von Messina ist ein interessantes Gewässer. Hohe Gebirgszüge am Festland und die ansteigenden Hänge zum Vesuv auf Sizilien säumen diese stark frequentierte Seestrasse. Dabei sind es nicht die grossen „Pötte“, welche die Meerenge längs durchqueren, sondern die unzähligen Fähren, welche immer und überall die Verbindung zwischen Festland und Sizilien überbrücken und damit den Steuermann der „Anita“ dauernd auf Trab hielten. Hinzu kam je nach Standort die recht starke Strömung (bis zu 2 Knoten) mit entsprechend kabbeligem Wasser. Ein ganz reizvolles Erlebnis war der Zwischenhalt in der Bucht von Naxos mit dem Ausflug zum hoch über der Bucht thronenden Städtchen Taormina mit dem beeindruckenden teilrestaurierten griechisch/römischen Theater und den schattenspendenden Parkanlagen hoch über der Bucht von Giardini Naxos. Buchstäblich „ausgeflippt“ war unser RhB Lokführer Marco als er den historischen Bahnhof von Taormina Giardini nur etwa 300 Meter von unserer ankerliegenden Yacht aus, besucht hat. Tatsächlich ist dieses beinahe 130-jährige monumentale Bahnhofsgebäude, welches durch EU Gelder restauriert wurde, nicht nur für Bahninsider eine echte Augenweide.

Catania, die zweitgrösste Stadt Siziliens, unmittelbar an den ansteigenden Hängen des Vesuv liegend, war mein Ausgangpunkt für die knapp 300 Seemeilen messende Überfahrt nach Griechenland. Eine pulsierende Stadt mit einem grossen Hafen und vielen imposanten Bauten aus religiöser und kultureller Vergangenheit. Der Inhaber des kleinen Sportboothafens „Etneo Marina“, nutzte das mangelnde Angebot an Transit Yachtliegeplätze schamlos aus. 90 Euro pro Nacht in der Nachsaison für eine 40 Fuss Yacht ohne Dusche, nur einem Toi-WC versehen grenzt an Abzockerei. Auch der Freund des Marina Inhabers hat sein Geschäft bestens verstanden. Die kurze Fahrt per Privattaxi zum etwa 3 Kilometer entfernten Einkaufszentrum und wieder zurück kostete 50 (!)Euro, wobei der Chauffeur seinen Kofferraum mit eigenen Einkäufen gefüllt hatte und wir mit unserem Einkauf hinter, über und unter den Sitzplätzen im Innenraum des Wagens vorlieb nehmen mussten. Wieder eine Lehre: Erkundige Dich vor einer Leistungserbringung nach dem Preis um nicht im Nachhinein aus allen Wolken zu fallen. Und noch eine viel wichtigere Lehre: Ziehe Erkenntnis aus Gelerntem und nutze dies für die Zukunft – sonst fällst du immer wieder auf die Nase. Ich weiss, wovon ich spreche – hab‘s in der Zwischenzeit mehrmals erlebt. Aber davon später.

Für meine Übersegelung nach Griechenland bin ich erstmals meinem Vorsatz untreu geworden, nur Personen aus meinem direkten Bekannten- oder Freundeskreis auf Törns mitzunehmen. Volker, ein guter Seglerfreund den ich in Mallorca kennen gelernt habe, hat mir eine Mitseglerin, die zur Zeit ein Sabbatical Jahr durchläuft, für die Reise von Catania nach Athen, empfohlen. Grad vorweg, Ariane und damit auch mein Freund Volker haben mich nicht enttäuscht. Es war windmässig eher eine anspruchslose aber trotzdem eine tolle Überfahrt und Ariane hat sich als gute Mithelferin, Gesprächspartnerin, aber auch als Köchin bei Seegang mein ehrliches Kompliment verdient. Indem ich in den erlauchten Kreis der Empfänger ihrer elektronischen Wochenbriefe aufgenommen wurde, verfolge ich nun mit Spannung ihre wöchentlichen Berichte und Abenteuergeschichten während ihres Sabbatical Jahres.

Ein Highlight auf der Reise zum Saronischen Golf war die Unterquerung der neuen, fast 40 Meter hohen und 2,5 Kilometer langen Brücke bei Rio/Antirrou, welche das griechische Festland mit dem Peloponnes verbindet sowie die Durchquerung des künstlich angelegten Kanals von Korinth, welcher andererseits das Festland vom Peloponnes trennt. Wirklich spektakulär zeigte sich die lediglich 24 Meter breite Fahrrinne des Kanals mit den bis zu 80 Metern senkrecht aufsteigenden Kalkfelsen. Ganz oben dann in schwindelnder Höhe die Eisenbahn- und Strassenbrücken. Für die Zuschauer oben auf den Brücken wie auch unten auf den Schiffen ein eindrückliches Erlebnis. Da waren auch die zu bezahlenden 180 Euro für die 3 Kilometer lange Durchfahrt mit dem Erlebten relativiert.

Athen, ist eine Riesenstadt und war Ausgangspunkt für etliche Segeltörns mit Freunden und Bekannten im Saronischen Golf. Zum Glück hatte ich einige Tage Zeitreserve eingeplant, denn das Einklarieren und Beantragen des griechischen Transitlogs nahm volle zwei Tage in Anspruch. Von einem Amt in das andere und wieder zurück. Dabei hatte ich viele freundliche Beamte und ebenso viele nette Taxifahrer kennen gelernt, auch Piräus ist mir nun nicht mehr unbekannt. Finanziell ist die Angelegenheit fast unbedeutend und die vor Jahresfrist angekündigte Sondersteuer für Sportboote wurde gar nicht eingeführt oder bereits wieder abgeschafft.

Der Saronische Golf, südlich von Athen, ist mit seinen vielen Inseln und Einkerbungen am Festland ebenfalls ein ideales Törngebiet für ein- oder zwei Wochentörns. Das nördliche Festland bietet einen natürlichen Schutz von den Meltemi-Wellen, die draussen in den Kykladen beachtliche Höhen erreichen können. Auch sind die touristisch angelegten hübschen Städtchen sehr einladend und bieten alle Annehmlichkeiten für Yachtgäste. Zum Teil liegt man kostenlos direkt vor dem Restaurant wobei das Personal gerne Anlegehilfe bietet und gleich einmal die Menükarte auf’s Schiff reicht. Für unsere Verhältnisse isst man immer noch ausgesprochen günstig. Ein Fischmenü mit Vorspeise, Hauswein und Dessert kostet nicht mehr als 20 Euro. Ich mag ja ein kulinarischer Tiefflieger sein, aber in Poros habe ich das beste Wienerschnitzel seit langer Zeit gegessen. Was die Hafeninfrastruktur in Griechenland betrifft habe ich anfänglich die Tankstellen an den Quais vermisst, bis ich dann aber den Direktlieferservice an die Yacht per Kleintankwagen schätzen gelernt habe.

Eine der letzten Etappen von Marokko in die Südtürkei war die Durchquerung der Kykladen von Athen nach Rhodos. Bei dieser zweiwöchigen Segelreise hat mich ein Bekannter aus dem Emmental begleitet. Obwohl der Herbst schon recht fortgeschritten war, die Tage Ende Oktober also immer kürzer wurden und die Sonne ab und zu den Regenwolken Platz machte, war dieser Törn erlebnisreich und anspruchsvoll zugleich. Anspruchsvoll deshalb, weil tägliche Etmale von 40-50 sm zurück zu legen waren und oft ziemlich starke Windverhältnisse herrschten. Die Meltemi-Wellen sind ja nicht unbekannt: kurz und hoch. Dafür wurden wir durch den landschaftlichen Reiz all der besuchten Inseln mehr als entschädigt und baden konnte man in den Buchten bei 23 Grad Wassertemperatur allemal. Auch der obligate Moped-Ausflug zum Vulkan auf der Insel Nisiros durfte nicht fehlen und war einmal mehr ein ganz besonderes Erlebnis. Ein weiterer Vorteil der Nachsaison Seglerei: all die schönen Buchten kann man alleine für sich geniessen. Man stelle sich vor, ganz allein in der Bucht vom Kloster Panormitis auf Simi – für Segler eigentlich undenkbar.

Zwei eher unerfreuliche Ausfälle technischer Natur sind auf diesem Törn aufgetreten. Einerseits hat das Radargerät seine Tätigkeit mit dem Vermerk „Fehlercode 6“ eingestellt und andererseits, was für mich viel bedeutender war, die Entsalzungsanlage versagte ihren Dienst. Für Charterer ist dies kein Thema, denn auf Charterschiffen gibt es keine Entsalzungsanlagen. Wenn man sich aber daran gewöhnt hat, nach jedem Meerbad zu duschen und Trinkwasser in Hülle und Fülle dabei zu haben, erschrickt man gewaltig, wenn plötzlich Gebrauchswasser gespart und Trinkwasser eingekauft werden muss. Der einzige Wermutstropfen war, dass meine Gästefahrten bis auf einen Törn in der Südtürkei abgeschlossen waren und ich meinen Besuchern im Verlaufe des Jahres den Komfort fast unbeschränkten Süsswassergebrauch bieten konnte.

Anfang November dann verabschiedete ich mich von Griechenland und Rhodos und unternahm den Katzensprung von 20 Seemeilen zu meiner Jahresdestination 2015, nach Marmaris. Die Türkei gehört nicht zur EU und dementsprechend gibt es ein kompliziertes Einklarierungsprozedere. Zudem ist auf Grund der Sprachbarrieren ein Miteinbezug eines Agenten für die Erledigung aller Formalitäten bei den verschiedensten Ämtern Vorschrift. In meinem Fall verkomplizierte sich das Verfahren zusätzlich, da ich länger als 90 Tage in der Türkei verbleiben werde und demensprechend eine zusätzliche Aufenthaltsbewilligung zu beantragen war. Dabei musste ich sogar ein Bankkonto in der Türkei eröffnen.

Seit meiner Ankunft in Marmaris habe ich nicht bereut, die Netsel Marina als Winterliegeplatz ausgewählt zu haben. Die Marina ist sehr gut geführt, ist ausserordentlich sauber und bietet alles was das Herz begehrt: Shopping Mall, Restaurants, Swimmingpool, Sauna und Türkisch Bad, aber auch eine ausgezeichnete yachttechnische Infrastruktur. Unmittelbar an die Marina grenzt die Altstadt Marmaris mit dutzenden von Restaurants und Bars, schönen Parkanlagen, einem beeindruckenden Bazar und vielem mehr. Vor allem aber pulsiert hier das Leben und es hat den ganzen Winter über Gäste und Touristen. Immer noch treffen Kreuzfahrtschiffe ein und überfluten mit ihren Gästen Marmaris für einige Stunden.

Von diesem Angebot profitierte auch meine letzte und vielleicht auch lustigste Segelcrew. Obwohl die Tage Ende November nun wirklich kurz wurden (ab 17.00 Uhr ist es dunkel) hatten wir sehr viel Spass zusammen. Ein (Horror)-Erlebnis hatte ich beim Barbier (Coiffeur). Für 10 Türkische Lira wollte er mir den Bart trimmen. Nach einer halben Stunde habe ich den Salon mit schmerzenden Ohrläppchen, Nasenflügeln und Augenlidern und 110 Türkischen Lira weniger im Portemonnaie verlassen (siehe Foto). Zu guter Letzt wollte er mir noch die Rückenhaare rupfen – dass war dann zu viel und ich habe seinen Foltersessel demonstrativ verlassen. Unsere zweite Törnwoche führte uns in den Golf von Fethyie. Die Inselwelt in der westlichen Göcek Bucht ist Natur pur. Segeln, baden, gut essen, kleine Hügel erklimmen, Sonnenuntergänge fotografieren, gute Gespräche führen und viel, sehr viel Lachen – das ist was das Herz begehrt und was echte Erholung bedeutet. Einen kleinen Anflug von Unmut und Ärger hatten wir dann doch noch und damit komme ich auf meine in Catania erfahrene Lebensweisheit „ziehe Erkenntnis aus Gelerntem und nutze dies für die Zukunft“. Bereits beim Barbier in Marmaris wurde ich ja wegen Nichtpreisabsprache jämmerlich über den Tisch gezogen. Schlimmer erwischte es uns in der „Wall Bay“ beim Abendessen draussen unterm Zelt, vor einer Küchenbaracke, ziemlich zügig und kalt trotz glühender Feuerstelle bei einem einfachen Fischgericht und Wein. Wenn wir den Preis vor dem Essen verhandelt hätten, hätten wir vielleicht 200 Türkische Lira bezahlt – so kostete uns das Essen 500 Türkische Lira! Selber schuld.

Nun ist Anfang Dezember und dringend Bedarf die defekten Geräte wieder in Gang zu setzen und das Schiff für das Trockendock vorzubereiten. Beim GARMIN Radar dürfte die Reparatur kein Problem sein, da in Marmaris eine ganze Armada von Bootsfirmen und Zubehörvertretern zu finden ist. Anders bei der Entsalzungsanlage, bei der es sich um eine wenig bekannte Technologie und vor allem kein Massenprodukt handelt. Zudem ist das Ding 40 Kilogramm schwer und beängstigend eng im doppelten Boden meiner Vorschiffskabine eingebaut. Ein Versand nach Frankreich zur Reparatur stand für mich ausser Frage. Allein die Transportkosten (ohne Aus- und Einbau) wären auf 800 Euro zu stehen gekommen. Mit Hilfe der kompetenten Verkaufsstelle in Duisburg und der technischen Abteilung des Herstellers in Frankreich habe ich per Scype die Fehlersuche begonnen. Dabei wurden mir Baupläne sowie De- und Installationsanweisungen per Mail übermittelt. Nach Tagen lag dann alles frei und das Korpus Delicti wurde in Form eines Schaumgummiringes, welcher aus einem Vorfilter angesaugt wurde und damit diverse Ventile verstopft hatte, gefunden. Zum Glück also kein Maschinenschaden, sondern lediglich eine Reinigungsangelegenheit, die ich selber durchführen konnte. Alles ist nun wieder zusammengebaut, die Anlage läuft perfekt, ich bin glücklich und zufrieden und habe dabei wieder neue technische Kenntnisse erlangt.

Kurz vor dem Nachhause Flug in die Schweiz wird dann mein Schiff per Kran aus dem Wasser gehoben und auf dem Trockendock abgestellt. Dort kann die Rumpfunterseite während zweier Monate austrocknen. Dies ist nützlich gegen die gefürchtete Kunststoffkrankheit „Osmose“. Zudem werde ich im März das Unterwasserschiff mit neuen Antifouling Anstrichen versehen, den Eisenkiel entrosten und wieder mit Epoxi und Antifouling schützen. Diese Behandlung wird dann zwei Jahre ausreichen, bis ich Ende 2016 auf den Kanarischen Inseln die Prozedur für die Atlantiküberquerung wiederholen werde.

Nun beginnt die Törn Planung für das kommende Jahr. Ab Mitte Dezember 2014 steht der Plan zur Einsicht auf meiner Homepage zur Verfügung (nur mit entsprechendem Passwort im Register Törns ersichtlich). Dann, Anfang Januar 2015 geht’s ab in die Schweiz zu meinen Freunden Verwandten und Bekannten. Insbesondere freue ich mich auf meine Tochter Anita mit meinen beiden Enkelkindern Nina und Dario. Ich werde bereits jetzt übersät mit Einladungen von Freunden zum Nachtessen und mein Terminkalender füllt sich bereits. Ich werde aber nicht denselben Fehler wie im Vorjahr begehen und mit 8 kg „angefressenem“ nach Marmaris zurückkehren – ich weiss einfach noch nicht, wie ich das anstellen soll.

 

Ich wünsche Allen ein frohes Weihnachtsfest und einen guten Rutsch in’s 2015.

 

         

SY Anita(info@sy-anita.ch)Forward articlePermalinkComments 0Gravatar: SY Anita
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